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Deutschlandpremiere von

Jenny Fox zusammen mit ihrem deutschen Koproduzenten und den Redakteuren von ZDF / arte

 

Das Thema ist schwierig, die persönliche filmische Aufarbeitung eines Missbrauchs als Kind. Die Dokumentarfilmerin Jenny Fox ist ihrer eigenen Geschichte auf den Grund gegangen. Die HBO/ZDF/arte Koproduktion feierte auf dem Filmfest Deutschland-Premiere.

 

Eine ältere Dame (gespielt von Ellen Burstyn) findet die drei Jahrzehnte alten Aufzeichnungen ihrer Tochter in denen diese schildert, wie sie mit 13 Jahren missbraucht wurde. Ihre Tochter ist eine Dokumentarfilmerin, die gerade an einem Film über die Unterdrückung von Mädchen und Frauen in Indien arbeitet. Erschüttert fordert die ältere Dame ihre Tochter auf, sich mit diesem in der Vergangenheit liegenden Missbrauch auseinander zu setzen, was diese, das Geschehen vollends verdrängt habend, zunächst zögerlich dann immer vehementer, tut.

 

Gleich zu Beginn des Filmes weist eine Textzeile darauf hin, dass der Film eine wahre Geschichte erzählt und spätestens wenn man die Namensgleichheit der Filmfigur, Jenny Fox mit der Regisseurin bemerkt, wird einem klar, dass hier Jemand sein eigenes Schicksal verfilmt hat. So etwas ist, neben dem psychologischen Aspekt, sein eigenes Drama nochmals durchleben zu müssen, auch gestalterisch kein leichtes Unterfangen, weil Erinnerungen und Realitätsanspruch das dramaturgisch richtigere Erzählen auch behindern können.

 

Die Geschichte der jungen Jenny Fox beginnt mit der Entscheidung, Reitferien bei einer Reitlehrerin zu verbringen, die sie bewundert und für die sie schwärmt. Dass diese systematisch junge Mädchen ihrem Liebhaber, dem Sporttrainer auf der Pferdefarm zugeführt hat, erschließt sich erst langsam durch die Recherchen der erwachsenen Jenny Fox.

 

Verschiedene Stileme des Films in den ersten 30 Minuten, wie eine an erzählte Geschichte mit einer ersten Kinderdarstellerin, die etwa 16 Jahre alt ist, um diese auszutauschen gegen eine andere 13 Jährige Darstellerin und auch diverse sehr künstlich, fast wie Gemälde eingefrorene Tableaus kommen sehr amerikanisch mainstreamig daher, sodass man fast fürchtet, nicht wirklich in die Geschichte einsteigen zu können. (Damit sollte einerseits die verdrängte Erinnerung der erwachsenen Hauptfigur, wie jung sie wirklich zur Zeit des Vorfalls, 1973 war sowie ihre Bewunderung für die Reitlehrerin visualisiert werden)

 

Doch dann gelingt es der Regisseurin durch geschickte Verquickung der Erinnerungen mit der Gegenwart, Rechercheelementen und inneren Stimmen der Erwachsenen und des Kindes den perfiden und geradezu quälend präzise nacherzählten Missbrauch und dessen schmerzhafte Aufarbeitung eindrücklich filmisch nachzuerzählen.

 

Dabei werden Mechanismen, die vermutlich hinter vielen Missbrauchsfällen stecken, wie kindliche Bewunderung, Sehnsucht nach Anerkennung bis hin zu fast sektenhaften Absolutheiten, für die Zuschauer glaubhaft verständlich gemacht. Die Regisseurin erzählt die Geschichte sehr komplex,- was ein Pluspunkt ist, weil sie dadurch Vereinfachungen und Klischees sicher umgeht. Immer wieder doppeln oder vertauschen sich die Stimmen der erwachsenen und der 13 jährigen Jenny Fox, gehen Szenen der Erinnerung nahtlos in Gegenwart über, eine artifizielle Wanderung durch einen mühevollen Befreiungsprozess.

 

Am Ende findet Jenny Fox ihren früheren Peiniger und stellt ihn auf einer Ehrung seines sportlichen Lebenswerks zur Rede. Für die Protagonistin vermutlich ein Anfang zur Selbstheilung, zugleich macht die Szene bewusst, wie viele Missbrauchs-Täter vermutlich nie zur Rechenschaft gezogen werden. Sicher bleiben im Zuschauer Fragen offen. Etwa weshalb die Protagonistin nicht mit der Reitlehrerin abrechnet, die große Schuld trifft, oder weshalb die Eltern von jenny so blind sein konnten. Ein starker Film.

 

(Gesehen von Mathias Allary)

 

Videos zum Filmfest gibt es hier

 

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