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Ichi - Die blinde Schwertkämpferin

 

Ichi - Die blinde Schwertkämpferin

Daten

Ichi - Die blinde Schwertkämpferin

118 Min., Schwertkampffilm, Japan  2008

REGIE: Fumihiko Sori
DREHBUCH: Taeko Asano
KAMERA: Keiji Hashimoto
SCHNITT: Hisashi Sasaki
MUSIK: Lisa Gerrard

DARSTELLER: Haruka Ayase, Takao Osawa, Shido Nakamura

 

Regie: Fumihiko Sori

Der Film beginnt mit Schneeflocken, die durch die leere Nacht wirbeln. Ein ruhiges Bild in seiner Gesamtheit, in seinem Detail jedoch ganz das Gegenteil. So erscheint auch die blinde Heldin des Films, Ichi. Schweigend zieht sie durch die Lande, hin und wieder rettet sie sich selbst oder anderen Menschen eher gezwungener Maßen das Leben, wobei ihre meisterhafte Schwertkampfkunst angedeutet wird. Auf diese Weise lernt sie auch den Samurai Toma kennen, der jedoch aufgrund eines in der Kindheit verwurzelten Traumas sein Schwert nicht benutzt. Ichi akzeptiert sein Vorhandensein wohl oder übel, wandelt aber nichtsdestotrotz weiter ihres Weges, als sei sie vollkommen alleine.

In einer kleineren Ortschaft zwischen irgendwelchen bewaldeten Hügeln gerät der Samurai beim Würfelspiel in Streit mit einigen düsteren Gesellen, die zu einer Bande von skrupellosen Banditen gehören. Anführer dieser ist ein Mann namens Banki. Ichi rettet dem Samurai ein zweites Mal das Leben. In wenigen Augenblicken sind die Bösewichter tot, doch die Bewunderung für diese Tat erhält aufgrund eines Missverständnisses nicht Ichi, sondern Toma. Da dieser ständig auf der Suche nach einem Verdienst ist, nimmt er dann auch das Angebot der größten Familie des Ortes an, deren Leibwächter zu werden.

Ein Zufall führt nun dazu, dass auch Ichi in dem Ort verweilt. Es stellt sich heraus dass sie sich auf der Suche nach einem blinden Schwertmeister befindet und diesen hier anzutreffen hofft. In der Zwischenzeit kommt es zu einigen Gesprächen zwischen Ichi und dem Samurai, in denen letzterer ihr erzählt, weshalb er nicht mehr zu kämpfen vermag – wenigstens nicht mit dem Schwert. Und man erfährt von Ichis Unvermögen, die Grenze zwischen Gut und Böse klar unterscheiden zu können, ein Punkt, der später noch von Bedeutung sein wird. In einem Wäldchen kommt es zu einem kurzen Übungskampf zwischen den beiden. Sie messen ihre Kräfte mit Stöcken – und es stellt sich heraus, dass der Samurai der bessere Kämpfer ist.

Als die Bande Bankis das Dorf überfällt, ist er jedoch erneut unfähig, ihr etwas entgegenzusetzen. Weshalb er sich nicht wenigstens mit einem Stock wehrt, vermag man bestenfalls zu vermuten. Allerdings braucht er sich auch nicht länger zu verstellen, denn Ichi offenbart ihre Schwertkampfkunst und lässt sich, und hier fällt es etwas schwer, der Handlung zu folgen, zu Banki führen, da er irgendetwas mit dem gesuchten blinden Schwertmeister zu tun zu haben scheint. Sich bei Banki nach letzterem zu erkundigen ist Ichis Anliegen. Doch zunächst muß sie Banki beweisen, dass sie tatsächlich so zu kämpfen vermag, wie behauptet wird. Daraufhin müssen einige von Bankis Gefährten sterben und letztendlich kämpft Banki selbst gegen Ichi, nicht, weil er von Ichi bedroht worden wäre, sondern aus dramaturgischen Gründen, und weil er offenbar seinen Gefährten beweisen muß, dass er der beste Kämpfer ist.

An dieser Stelle weiß der Zuschauer bereits, dass Banki ein legendärer Schwertkämpfer ist, der einst der Leibwächter des Kaisers war. Doch als schließlich sein Gesicht entstellt wurde, musste er den Hof verlassen und wurde Bandit. Wo man an dieser Stelle eine traurige Geschichte um Stolz, Kränkung und die Suche nach Anerkennung bei eben jenen, die einen selbst verletzten, hätte erzählen können, ist leider nichts entstanden als eine immer wieder an eine Parodie erinnernde Darstellung des plump Bösen. Man sieht Banki und seinen Gesellen (und auch anderen Bösewichtern im Film) sofort an, auf welcher Seite sie stehen. Ebenso handeln sie auch: Sie lachen niederträchtig, werfen sich gemeine Blicke zu und werden sofort rasend, wenn sie im Glücksspiel verlieren. Darüber hinaus tragen sie recht eigenwillige Frisuren, die sie eher lächerlich als bedrohlich wirken lassen.

Gleichzeitig jedoch versucht der Film, eine tragische Geschichte zu erzählen, in der es um die Verbundenheit zwischen Ausgestoßenen geht: Denn sowohl Banki, als auch der blinde Schwertmeister, nach dem Ichi sucht, als auch natürlich Letztere, sind von der Gesellschaft geächtete, mit einem körperlichen Makel gezeichnete Menschen.

Als Banki Ichi im Kampf gegenübersteht, vertraut er ihr dies an. Und auch Ichi, so muß man annehmen, spürt eine gewisse Vertrautheit gegenüber der Person Bankis. In der folgenden Auseinandersetzung aber besitzt sie nicht die geringste Möglichkeit, den Kampf zu gewinnen und wird verletzt in ein Verlies geworfen.

Inzwischen ist der Samurai wieder aus seiner Ohnmacht erwacht und beschließt, Ichi zu retten. Dies gelingt ihm auch und der Film biegt ein in die Zielgerade, an deren Ende der kämpferischen Hierarchie entsprechend der Samurai gegen Banki kämpfen muß. Und hier, in den letzten Minuten, wird der Zuschauer überrascht, denn der Film offenbart schließlich und recht unvermutet das große Potential seiner Grundidee, einer Grundidee jedoch, die man irgendwie zwischen den Strängen der Geschichte unklar hervorschimmern sieht. Man vermutet sie eher, als dass der Film sie tatsächlich verdeutlicht. Aber dies reicht, um zu erkennen, dass eine Geschichte hätte entstehen können, die sich von ihrem Vorgänger „Zatoichi" hätte abheben können. Doch zu wenig kompromisslos zeigt sie sich schließlich am Ende, zu verwaschen und wenig ernstzunehmend insgesamt. „Ichi – die blinde Schwertmeisterin" lebt an sich nur von seiner schönen Hauptdarstellerin sowie einigen sehenswerten Aufnahmen, ohne jedoch in diesem Bereich wirklich zu überraschen. Alles andere erscheint ein wenig wie ein Flickenteppich, dessen Teile nicht zueinanderpassen: Die Musik von Lisa Gerrard erinnert zu sehr an bereits gesehene Historienfilme, die Charakterisierung aller Figuren ist einzig in ihren grundsätzlichsten Skizzierungen interessant und im Detail schließlich eine einzige Enttäuschung, die Darstellung der Bösen ist zu übertrieben und auch die Pointe, die sich letztendlich um die einfache Frage dreht, wer denn nun der beste Schwertkämpfer ist, ist nicht unbedingt überzeugend inszeniert und hinterlässt Fragen. Der Weg zu der schließlichen Auflösung hätte ein anderer sein können: Ein Weg, der, an Ichis Worte anschließend, gut und Böse nicht so offensichtlich unterscheidet, ein Weg, der seinen Charakteren nicht nur einen Hintergrund verleiht, sondern sie diesem entsprechend auch agieren lässt. Aber einen solchen Weg ist der Film nicht gegangen, und somit ist eine Geschichte entstanden, die ihre besten Ideen verschenkt und das Wesentliche übersieht.

 

Gesehen von Paul Mittelsdorf

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