Ruhigere Handkamera
Seit Anbeginn der Filmgeschichte haben sich Tüftler Hilfsmittel einfallen lassen, um ruhige Kameraaufnahmen zu machen. Das Easyrig ist ein Mittelding zwischen Steadicam und Handkamera, erfunden hat es der schwedische Kameramann Johan Hellsten. Wenn man es zum ersten Mal sieht, diesen Galgen über dem Kopf einer Kamerafrau / eines Kameramanns, sieht es etwas seltsam aus, doch in der Anwendung ist es leicht zu erlernen und kann deshalb schnell angewendet werden.
Die Idee hinter dem Easyrig ist es, das Gewicht schwerer Kameras von der Schulter oder gar den Händen/Armen weg zu nehmen und auf Rücken und Hüfte zu verlagern und eine Kamerastabilierung ohne große Einarbeitungszeit zu ermöglichen. Das Prinzip ist die Idee eines Rucksacks, der mittels eine Weste Gewicht auf den Rücken und die Hüfte verteilt, mit Führungsschiene und Ausgleichsfeder, die über ein System aus Galgen und Umlaufrollen ein Stahlseil über den Kopf nach vorne führt, an dem die Kamera aufgehängt wird. Damit hängt oder besser schwebt die Kamera vor der/dem Kamerafrau/mann und die Hände müssen kein Gewicht tragen und stehen für die Führung der Kamera (Framing/Kadrage) zur Verfügung.
Entwickelt wurde das Easyrig bereits Anfang der 90er Jahre, also zu einer Zeit als die professionellen Kameras noch recht schwer waren. So kann das größte System bis zu 25 KG schwere Kameras sicher tragen, es gibt aber auch Ausführungen für bis zu 15 KG Gewicht. Mit einem Adjustment Tool kann man das Gewicht der Kamera feinjustieren. Je nach Ausführung wiegt das Easyrig alleine rund fünf Kilogramm. Im Falle eines Unfalls bei Dreharbeiten an Seen, Flüssen etc., etwa wenn der/die Operateur-in in Wasser fällt, lässt sich die Weste einfach öffnen, damit das Kameragewicht einen nicht unter Wasser zieht.
Das relativ neue, so genannte Minimax-System ist für leichtere kompaktere Kameras zwischen 2 bis 7 Kilogramm konzipiert. Einige Verbesserungen bei der Stahlseilführung sorgen zudem dafür, dass die Aufhängung flüssiger und weicher reagiert und die Kamera dadurch leichter zu führen ist.
Zusätzliche Dämpfung
Verschiedene Bestandteile kennt man von der Steadicam, so die Weste und die Ausgleichsfedern, andere Dinge wie ein Steadicam-Gimbal fehlen gänzlich, weshalb der Bildeindruck eher dem einer ruhigeren Handkamera als einer schwebenden Steadicamfahrt ähnelt.
Man kann aber auch einen elektronischen Gimbal zwischen Aufhängung und Kamera befestigen, was bei schweren Kameras und schweren Gimbals durchaus Sinn macht und wieder zu einem gewissen Aufschwung für das Eaysrig geführt hat. Wer mit Kameras dreht, die schwerer sind als eine Spiegelreflex oder Mirrorless Fotokamera und einen Gimbal verwendet, sollte das Gewicht über ein Easyrig auf den Körper verteilen. Der Look ähnelt dann durchaus dem einer Steadicam, wenn gleich es auch hier gewisse Unterschiede gibt, welche die meisten Zuschauer jedoch nicht bemerken werden.
Allerdings ist die Beweglichkeit des Gimbals dann durch die Möglichkeiten und Einschränkungen des Easyrigs gekennzeichnet. Man muss also stets abwägen, welche Vor,- und Nachteile einem das jeweilige System bringt.
Ebenfalls ruhiger werden die Aufnahmen, wenn man dem Easyrig eine "FLOWCINE Serene" spendiert, einen zwei-Achsen Federarm, der so manche Erschütterung zusätzlich wegnimmt. Ein Zusatzeffekt dee FLOWCINE ist, dass man damit noch etwas höher mit der Kamera kommt. Das Zubehör hat allerdings mit über 2000,- € einen stolzen Preis.
Tipps zur Anwendung
Für die Nutzung ist natürlich entscheidend, dass die Kamera auf der Oberseite eine stabile Befestigungsmöglichkeit bietet. Bei vielen Kameras muss man einen entsprechenden Griff oder ein Cage verwenden, damit das gegeben ist. Wichtig ist auch, dass die Befestigung möglichst dort ist, wo die Gewichtsverteilung Objektiv / Kamera ausgeglichen ist.
Es ist nicht ganz einfach, die Kamera an das Rig zu bekommen,- man schafft das alleine, aber hier kann auch eine Assistenz nicht schaden.Zum Einhängen sollte man die Kamera mindestens in Höhe der Hüfte haben. Wenn man Hilfe hat, so kann die zweite Person die Kamera natürlich höher halten, dann ist das Einhängen leichter. Dann greift man mit beiden Händen den Befestigungshaken an dem Stahlseil, dabei sollte die offene Seite des Hakens zum Gesicht zeigen.
Sodann beugt man sich nach vorne herunter, bis der Haken die Befestigung erreicht, dann wird der Haken eingehängt und gesichert. Darauf achten, dass es möglichst wenig Spiel hat, also wenig wackelt. Und die Kamera muss zuverlässig fest hängen, bevor man sie ungesichert am Stahlseil hängen lässt. Anschließend muss die Spannung des Stahlseils angepasst werden. Auch dies geht leichter mit Assistenz.
Beim Drehen dann sollte man die Kamera mit einem leichten Winkel zum Körper halten, dadurch kann man die Position der Kamera deutlich besser kontrollieren.
Eigene Ästhetik
Grundsätzlich haben die Aufnahmen mit dem Esyrig mehr Handkamera-Feeling aber eben ohne die Erschütterungen des Gehens und ohne dass Kameraleute die ganze Zeit das Gewicht der Kamera und des Zubehörs in den Händen halten müssen.
Zahlreiche Arbeiten sind so inzwischen mit dem Easyrig entstanden, darunter auch die preisgekrönten Filme "Silberwald" (Kamera: Michael Leuthner) und "Vakuum" (Kamera: Aline Lászlò) der Schweizer Regisseurin Christine Repond, die für ihren besonderen authentischen Bildeindruck das Easyrig als Stabilisierungssystem gewählt haben.
Hier der Link zum englischen Manual: http://easyrig.se/files/2015-03/1425637746_easyrig-5-vario-manual.pdf