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Daten

97 Min., USA 2015

REGIE: Aleksander Bach
DREHBUCH: Skip Woods, Michael Finch
KAMERA: Óttar Guðnason
SCHNITT: Nicolas De Toth
MUSIK: Marco Beltrami
KOSTÜME: Bina Daigeler

DARSTELLER: Rupert Friend, Hannah Ware, Zachary Quinto, Thomas Kretschmann

Regie: Aleksander Bach

Kinostart: 27. August 2015

Inhalt:
 
Die junge Katia van Dees [Hanna Ware] staunt nicht schlecht, als ihr plötzlich ein glatzköpfiger Mann [Rupert Friend] hinterhersteigt - allerdings kommt der nicht zum Kaffeetrinken vorbei, sondern offensichtlich eher, um sie mit ein paar Kugeln zu spicken. Mit Müh und Not kann sie dem Angreifer entkommen - nicht ohne Hilfe des aus dem Nichts auftauchenden John Smith [Zachary Quinto], der ihr erklärt, dass sie es mit einem gefährlichen Gegner zu tun hat: Der 'Hitman' ist ein im Genlabor gezüchtetes Killerwesen, ohne Emotion, ohne Gewissen, dafür aber mit übermenschlichen Fähigkeiten und unbändiger Tötungslust. Katias Vater [Ciarán Hinds] war in die Erschaffung einer ganzen Armee dieser Mordmaschinen verwickelt. Nun beginnt eine blei- und gewalthaltige Verfolgungsjagd, denn der Hitman hat eine Mission, von der noch niemand etwas ahnt.
 
Kritik:
 

'Reboot' ist des Produzenten Lieblingswort, wenn er der Meinung ist, einen potentiellen Kassenhit an der Angel zu haben, der seinen ersten Kinoeinsatz zwar bereits hinter sich hat, aus irgendeinem Grunde jedoch nicht in alter Form fortgesetzt werden kann - sei es aufgrund personeller Veränderungen, Knatsch hinter den Kulissen oder ganz einfach deswegen, weil sich die vermeintlich große Nummer am Ende dann doch als finanzieller Rohrkrepierer erwies. Das Vorgängerprojekt wird dann einfach ignoriert und das ganze Ding noch einmal komplett von vorn gestartet. Besonders Comic-Helden können ein Lied davon singen: Ob nun "Superman", "Spider-Man" oder "Batman" - kaum ein 'Man', dem nicht die Ehre eines Neubeginns zuteil wurde. Der "Hitman "hingegen hat seine Wurzeln nicht in der Welt der Sprechblasen und Lautmalereien, sondern in der der Bits und Bytes und erblickte im Jahre 2000 als Titelfigur eines Computerspiels das Licht der Popkultur. Trotz (oder gerade auch wegen) der Vielzahl mahnender Kritikerstimmen, welche den hohen Gewaltpegel tadelten (und dabei überwiegend ignorierten, dass man auch ohne eine einzige Kugel abfeuern zu müssen ans Ziel gelangen konnte), wurde der im Labor gezüchtete Auftragskiller mit der markanten Glatze ein weltweiter Erfolg, der 2007 auch seinen Weg auf die Leinwand fand.

 

Dort allerdings konnte er keinen Treffer landen und erntete überwiegend Verrisse - besonders die gegenüber der Vorlage stark abgeänderte Vorgeschichte des Killers stieß vielen Fans sauer auf. Der "Hitman" floppte und die geplante Fortsetzung war vom Tisch. Da man jedoch trotzdem nicht gewillt war, die Flinte einfach so ins Korn zu werfen, entschied man sich für einen kompletten Neuanfang und schickte die Tötungsmaschine acht Jahre später ein zweites Mal in den Kampf um die Publikumsgunst. Und tatsächlich durfte der Titelheld dieses Mal auch wirklich ein Produkt von Genmanipulation sein und dem Reagenzglas entspringen, wie einem das Intro in Hypergeschwindigkeit erklärt. Dass Nähe zur Vorlage jedoch nicht alles ist, worauf es ankommt, machen einem die folgenden 90 Minuten dann nur allzu schmerzhaft bewusst - "Agent 47" mag zwar originalgetreuer sein als der Vorgänger, besser ist er deswegen noch lange nicht. Und nicht nur, dass er im direkten Vergleich den Kürzeren zieht - das Reboot entpuppt sich auch generell als fast schon desaströses Debakel, das selbst geringsten Ansprüchen nicht gerecht werden kann, was angesichts des gewiss vorhandenen Engagements, dieses Mal wirklich einen Treffer abzuliefern, eigentlich kaum erklärbar ist.

 

Die nur rudimentär vorhandene Story ist dabei nicht einmal das Problem - inhaltlicher Minimalismus kann für anständige Action-Unterhaltung unter Umständen ein wahrer Segen sein. Dass man sich frei von dramaturgischem Zusammenhang salopp von Szene zu Szene hangelt, ist hingegen schon weitaus gravierender. Falls jemals so etwas Ähnliches wie ein die Ereignisse verbindender Spannungsbogen vorhanden war - spätestens der hektische, ohne Fingerspitzengefühl gesetzte Schnitt hat ihn ins Nirwana befördert. Dabei sind gute Ansätze durchaus vorhanden. So liegt der Fokus zu Beginn nicht auf dem Hitman, sondern stattdessen auf der Protagonistin Katia van Dees [Hannah Ware], die offenbar ein Geheimnis hütet und deshalb aus zunächst unerfindlichen Gründen vom Titelgeber gejagt wird. Unterstützung bei der Flucht gewährt ihr dabei der aus heiterem Himmel auftauchende John Smith [Zachary Quinto], der sich ihrer animmt und sie um die Absichten des kahlköpfigen Killers aufklärt. So entwickelt sich zunächst eine zwar nicht unbedingt originelle, aber durchaus brauchbare "Terminator"-Variante, die lange Zeit von der Frage lebt, wer Freund und wer Feind ist. Doch spätestens, nachdem die Fronten geklärt sind, geht es endgültig den Bach runter. "Agent 47" springt ziellos von Szene zu Szene, streut unüberlegte Action-Sequenzen dazwischen und erstickt damit jeden Anflug von Ambition und Atmosphäre bereits im Keim.

 

Die unmotivierten Schlag- und Schusswechsel, eigentlich das Herzstück eines derartigen Genrebeitrags, mögen teilweise nett konzipiert sein, sind jedoch dermaßen unübersichtlich geraten, dass sie keine Freude mehr bereiten: Zwar verteilt der Hitman eifrig Blei in gegnerische Köpfe und Körper, doch die Kamera wirbelt dabei so unstet durch das Szenario, dass man, in Kombination mit dem nervösen Schnitt, davon höchstens noch etwas erahnen kann. Verzweifelt wünscht man sich in solchen Augenblicken die Ruhe und Entspanntheit eines "John Wick" herbei, dessen durchaus vergleichbares Tagwerk selbst im größten Trubel stets noch strukturiert und nachvollziehbar blieb. Besonders bedauerlich ist das in Momenten, in welchen es einem immerhin dämmert, wie viel Potential hier eigentlich verschleudert wurde: Wenn der Retorten-Killer gegen Ende seine Widersacher in einer viel zu kurzen Szene in klinisch reiner, strahlend weißer Umgebung mit Patronen spickt und die daraus resultierenden Blutfontänen bizarre Muster auf dem blitzeblank polierten Untergrund hinterlassen, dann ist das genau die Mischung aus roher Gewalt und künstlerischem Anspruch, die man sich gern dauerhaft erbeten hätte.

 

Die zur Unterstützung der Massaker herangezogenen Digital-Effekte sind derweil für eine Kino-Produktion des Jahres 2015 schon beinahe blamabel und wirken, als wären sie mindestens 20 Jahre früher entstanden - umso erstaunlicher, dass sich die renommierte Schmiede 'ILM' dafür verantwortlich zeichnete. Das Niveau der permanenten Pixelei ist dabei durchgehend dermaßen tief angesiedelt, dass man sie schon fast wieder als gewolltes Stilmittel anerkennen könnte. Im Sinne des Erfinders dürfte das wohl allerdings eher nicht sein. Zu allem Überfluss scheinen auch die Darsteller noch reichlich hilflos in ihren Rollen, obwohl sie zumindest rein theoretisch nicht vollkommen verkehrt besetzt sind. Nach Timothy Olyphant entledigte sich hier Rupert Friend ("Die letzte Legion") seiner Haarpracht, um mit finsterer Miene den emotionslosen Super-Killer zu geben. Er müht sich redlich, wirft sich alle naslang in lachhaft-coole Posen, doch so recht will man ihm den harten Kerl dann doch nicht abkaufen. Hannah Ware ("Oldboy") wirkt als Fräulein auf der Flucht fast schon amateurhaft und auch Zachary Quinto ("Star Trek") scheint irgendwie gar nicht so richtig zu wissen, was er eigentlich genau tun soll. Lediglich der alte Schauspiel-Hase Ciarán Hinds ("Road to Perdition") strahlt bei seinem Kurzauftritt eine souveräne Würde aus, obwohl er insgesamt sträflich unterfordert ist.

 

Dass das produzierende Studio tatsächlich die Hoffnung hegte, mit einem derartigen Produkt eine neue Erfolgsreihe auf den Weg schicken zu können, nimmt Wunder – zumal man mit Aleksander Bach auch noch einen Debütanten auf dem Regiestuhl parkte, der mit einem Projekt dieser Größenordnung merklich überfordert war. "Agent 47" wirkt phasenweise reichlich unbeholfen und erweckt den Anschein, als hätte eine im Fahrwasser des Erstlings entstandene Videopremiere Jahre später auf Umwegen doch noch irgendwie den Weg ins Kino gefunden. Der 2007er "Hitman" mag nicht unbedingt dem Original entsprechen, war jedoch lupenrein inszeniertes, konsequent und kompetent in Szene gesetztes Actionkino. Der Neustart hingegen ist eine zerfahrene Ruine ohne Stil, Stimmung und sichtbares Konzept. Dass die deutsche Filmförderung das Projekt auch noch finanzkräftig unterstützte (eben die selbe Filmförderung, die niemals auf die Idee käme, einem rein deutschen Action-Projekt auch nur einen müden Heller zuzuschanzen), macht betroffen, sorgt aber immerhin für den attraktiven Schauplatz Berlin und ein paar Gastauftritte gern gesehender heimischer Schauspieler. Retten kann das freilich nichts. "Agent 47" ist und bleibt ein Rohrkrepierer allererster Kajüte. Eliminieren! Jetzt!
 
 
gesehen von Boris Bertram
 

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