Steigerungsfähig...
Die Vorzeichen waren gar nicht günstig für diesen vierten Drehtag der Filmstudenten der m-hmk. Der Regisseur hatte sich die bisher komplizierteste Auflösung von allen einfallen lassen und wollte fast doppelt so viele Einstellungen an einem Tag unterbringen, wie der bisherige Durchschnitt.
Seinen Lösungsvorschlag, bereits um 5 Uhr morgens am Set zu erscheinen, lehnten die Anderen aus dem Team rundweg ab. Abgesehen davon hätte es ohnehin erst ab 7:30 Strom gegeben, um Licht zu setzen. Auch die Professoren stehen dem gewünschten Aufwand skeptisch gegenüber.
Enger Zeitplan
Gleich zu Beginn des Drehtages um 7:30 verteilt der Regisseur einen Szenen- und Zeitplan an das ganze Team in dem die gewünschten Einstellungen und der ungefähre Zeitpunkt ihrer Umsetzung festgehalten sind. Wie mit den Professoren abgestimmt, wird er zunächst alle Einstellungen abdrehen, die zwingend nötig sind, um die Szene erzählen zu können und erst danach die Einstellungen, die seiner Meinung nach die Auflösung bereichern würden.
Eine weitere Strategie, um die vielen Einstellungen zu schaffen- es wird mit zwei Kameras gleichzeitig gedreht,- eine besondere Herausforderung für Ausstattung und das Licht, schließlich soll es aus zwei verschiedenen, im 45 Grad Winkel versetzten Perspektiven gut aussehen.
Besonders erschwerend sind mehrere Umschaltvorgänge,- der Drehstrom ist bei einem im Nachbarhaus drehenden TV- Filmteam ausgeliehen. Mehrmals müssen alle Scheinwerfer ausgeschaltet, die Leitungen neu gelegt, die Leistung genau durchgerechnet werden.
Die Idee mit den zwei HVX 200 gleichzeitig zu drehen, erweist sich als sehr zeitsparend, allerdings muss der Kameramann der zweiten Kamera gleichzeitig auch noch als Oberbeleuchter fungieren, wodurch er eindeutig überbelastet ist. Aber was soll man machen, wenn das Team zu klein ist?
Eingespielt
Die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Departments läuft am vierten Tag noch etwas runder, besonders die Kamera und Regie sind gut vorbereitet. Verbesserungswürdig ist das Handling der Filmklappe. Da der Ton nicht direkt auf die Videokamera, sondern auf einen getrennten Flash-Rekorder (Tascam) aufgezeichnet wird, muss sie geschlagen werden, um den Ton später im Schnitt synchron anlegen zu können.
Allerdings dauert es immer eine kleine Ewigkeit, bis der Klappen-Schläger aus dem Bild gelaufen, und seine Schritte nicht mehr zu hören sind. Da vergehen gerne auch mal 7-10 Sekunden, ehe die Regie "Bitte" sagen kann. Kostbare Zeit, die, wenn man auf Film drehen würde, richtig teuer wäre.
Tonprobleme
Einmal mehr gibt es Schwierigkeiten mit dem Ton. Da in zwei Räumen gleichzeitig der Ton geangelt werden muss, wird ein Mikrofon per Kabel, das andere Mikrofon per Funkstrecke mit dem Flash-Rekorder verbunden. Leider erzeugt die drahtlose Verbindung ein Rauschen, der auch das saubere Tonsignal was über Kabel kommt, verschlechtert.
Auch ist die Anpassung der Pegel von Funkempfänger und Mischereingang sehr schwierig. Entweder der Mischer kriegt ein zu schwaches oder ein zu starkes Signal. Die Dämpfungsstufen passen einfach nicht zusammen. Erst als der Sender gegen ein Kabel ausgetauscht wird, verschwindet das lästige Rauschen.
Schauspielführung
Auch die Arbeit mit den Schauspielern geht flüssig und konzentriert voran. Die Vorgespräche und gründliche Vorbereitung der Regie zeigen Erfolg und es werden über weite Strecken die richtigen Hinweise und Stichworte gegeben.
Vielleicht könnte man mit den Schauspielern noch mehr an den Möglichkeiten des körperlichen Ausdrucks arbeiten, doch im Großen und Ganzen sind die Ergebnisse absolut stimmig und die Schauspieler fühlen sich sehr gut aufgehoben. Alle spüren,- eine Regie, die weiß, was sie will, kann gezielt und entschlossen arbeiten.
Zeitzonen
Als einer der beiden Hauptdarsteller aus terminlichen Gründen gehen muss, hängt noch eine der "Extra-Einstellungen" über, in welcher nur der andere Schauspieler vorkommt. Auch wenn es schon längst dunkel ist, vermitteln die HMIs das wohlige Gefühl von Tagesstimmung. Man kann sich vorstellen, weshalb Lichttherapie so positive Wirkungen auf den Menschen hat- die (künstliche) Sonne scheint einfach länger...
Schienen verlegen, eine Fluoreszenz- Two Bank als Führungslicht, von der anderen Seite ein Reflektor, der das HMI-Licht was durch das Fenster scheint, als Aufhellung nutzt und fertig ist der Aufbau. Gedreht wird eine kurze Zufahrt auf das Gesicht des Darstellers, ein "Push In", genau in dem Moment wo er sich in Richtung Kamera umdreht und schaut.
Ein paar Takes später ist der ersehnte Drehschluss. Gegen 20 Uhr findet die abendliche Schlussbesprechung statt und alle sind sich sicher- das war bisher der beste Tag. Alle wichtigen Einstellungen und die Extras wurden geschafft und das bei guten Ergebnissen. Alle spüren intuitiv, sie können weitaus mehr schaffen, wenn das Set gut organisiert ist und die Vorbereitung stimmt.
Auch am Wochenende wird gearbeitet, Aufräumarbeiten vom Dreh und- Gespräche über Regie und Auflösung mit den Professoren am Sonntagnachmittag. Denn schon am Montag um 7:30 geht es weiter. Die nächste Drehwoche kann spannend werden- Außendreh auf einem Bahnhof.