Eine ganz besondere Farbe
Rot hat eine mächtige, unwiderstehliche Strahlkraft. Diesen Umstand nutzen Verkehrssignale und Werbeplakate, um Aufmerksamkeit zu erzielen. Es gilt als Farbe der körperlichen Liebe, der Leidenschaft, steht aber auch für Gefahr, Kampf und Krieg, Wut und Hitze. Die Farbphysiologie hat seine wachstumsfördernde Eigenschaft erkannt. Es beschleunigt Atmung, erhöht den Pulsschlag, fördert die Adrenalinbildung. Die Schilddrüsentätigkeit wird erhöht. Johannes Itten beschreibt es als "der Kriegs- und Dämonenwelt verhaftet” - die Farbigkeit von Fahnen in Revolutionen ist ein Indiz dafür. Rot in seiner vollen Intensität wird zum Ausdruck fiebriger, kämpferischer Leidenschaft. Es hat die Bedeutung aller Formen des Appetits.
"Es ist der Drang, Wirkungen zu erzielen, Erfolg zu erzielen. Rot ist Impuls, vitaler Eroberungswille und Potenz von der sexuellen Triebkraft bis zur revolutionären Aktion." (Itten)
Für Trübung durch Schwarz ist Rot nicht so empfindlich wie Gelb. Seine impulsive Kraft wird durch Trübung mit Schwarz gedämpft, beruhigt. Rot kann Assoziationen zu Feuer und Wärme hervorrufen. Außerdem beeinflusst es das Wärmeempfinden von Menschen und Tieren. Bei der Lebensmittelwerbung gilt es als appetitanregend, vermittelt den Eindruck von Würze, Schärfe und Intensität. In dunkler Umgebung hat Saturnrot einen dämonisch, düsteren Charakter.
Rot im Film
Rot hat Signal- und Lockwirkung
Altmeister Hitchcock hat die Farbe Rot an wichtigen, existentiellen Punkten seiner Geschichten verwendet. In seinem Klassiker "Die Vögel" etwa signalisiert die Farbe Rot, repräsentiert durch den roten Briefkasten bei Annies Haus, durch die Straßenschilder an der Schule und der Tankstelle oder auch das rote Auto, dass Unheil droht. Auch rote Signale wie Lippenstift und Nagellack bei Melanie deuten auf die drohende Gefahr hin. In Hitchcocks "Marnie" hat die Protagonistin Angst vor der Farbe Rot. Bereits zu Beginn tauscht sie die roten Blumen der Mutter gegen weiße aus, denn Rot erinnert sie an den Liebhaber ihrer Mutter, den sie als Kind erschlagen hatte. So ist es kein Wunder, dass auch in ihren Träumen immer wieder Rot auftaucht. Insbesondere im Kostümbild wird die Farbe in verschiedenen Variationen stets dort verwendet, wo für Marnie eine unangenehme Person eingeführt wird.
In "Matrix" wird die Farbe Rot in verschiedenen Codierungen aufgegriffen. Beispiele hierfür sind die rote Pille, die roten Kokons der Babys, die Frau in Rot und natürlich Blut. In "The Sixth Sense" verteilt der Regisseur Shyamalan über den Film hinweg rote Zeichen, die jedes für sich auf das Ende des Films hindeuten. In "Die wunderbare Welt der Amelie" spielt die Farbe Rot eine bedeutsame Rolle. Von ihrem Zimmer über diverse Kleider bis hin zu den Kindheitserinnerungen an rote Beeren auf den Fingerspitzen, zieht sich die Farbe durch den Film. In "Gladiator" von Ridley Scott wird Rot als "die Farbe der Götter" im Schlachtfeld zelebriert. Wer die Götter erreichen will, muss kämpfen, muss Blut fließen lassen.
Bestimmt fallen Ihnen zahlreiche andere Beispiele in Filmen auf, bei denen das Rot eine besondere Rolle spielt - etwa in Filmen des japanischen Meisterregisseurs Akira Kurosawa.
Beispiele besonderer Farbgestaltung
Immer wieder bedienen sich Kameraleute besonderer Effekte, um die Symbolkraft einer Farbe hervorzuheben. Insbesondere bei Filmen, die stark farbentsättigt oder gar Schwarzweiß sind, kommt die Farbe, wenn sie als Ausnahmeerscheinung auftaucht, zu besonderer Wirkung. Ob es die plötzlich farbigen Blumen in "Heimat" (Kamera: Gernold Roll, Regie: Edgar Reitz) sind oder etwa das kleine Mädchen in "Schindlers Liste" (Kamera: Janusz Kaminski, Regie: Steven Spielberg), dessen Mantel in den Schwarzweißaufnahmen rötlich ist, die Farbe ist hier zu einem besonderen Ausdrucksträger geworden.
Mehr zur Farbdramaturgie in Filmen erfahren Sie natürlich auch in den Movie-College-Seminaren.