• #Metoo in Deutschland

    Auch hierzulande hat es sexuelle Übergriffe im Umfeld von Dreharbeiten gegeben. Einer, gegen den nun in der "Zeit" Vorwürfe erhoben wurden, bestreitet die Vorfälle

  • Bastian Günther

    Interview mit Regisseur Bastian Günther und Cutter Olaf Tischbier

    Wir trafen den Regisseur und den Cutter von Autopiloten in Berlin und sprachen über den Film von der ersten Idee bis zur Premiere auf der Berlinale.
    Bastian Günthers erster Langfilm wurde in der Sektion "Perspektive deutsches Kino" gezeigt. Er erzählt die Geschichte von vier Männern, die auf dem Autobahnnetz des Ruhrgebiets unterwegs zu sich selbst sind.

     

    Das ist dein erster Langfilm. Und gleich auf der Berlinale, war das zu erwarten?

    Bastian: Zu Erwarten war es nicht, dass wäre etwas zu vermessen gewesen. Wir hatten schon ein bisschen Hoffnung, dass wir Chancen haben dort zu laufen. Ende November haben wir einen Rohschnitt eingeschickt und Ende Dezember kam dann eine Zusage. Aber das war jetzt nicht zu Erwarten.

    Der Film ist ein Episodenfilm und teils auch ein Roadmovie…

    Bastian: Ein Episodenfilm ist es, aber ich würde nicht sagen dass es ein Roadmovie ist.
    Zumindest kein typisches Roadmovie, wie man es aus amerikanischen Filmen kennt. Ich nenne das eher einen Transit Film. Weil die Leute sind zwar physisch, aber auch innerlich unterwegs. Diese Figuren sind haltlos, docken nirgends an, sie sind im Raum und schweben ein bisschen vor sich hin. Deshalb sage ich es ist ein Transit Film.

    Du hast gerade deine Charaktere angesprochen. Was verbindet diese in der Geschichte?

    Bastian: Alle verbindet diese innere Unruhe. Die Figuren sind einfach unstet, rastlos, haben sich selbst über die Jahre hinweg einen Erwartungsdruck aufgebaut und laufen einem Wunschbild hinterher. Das ist eigentlich bei allen vier Figuren so.

    Bei der Premiere hast du gesagt, dass du zuerst die einzelnen Geschichten, die Charaktere, entwickelt und dann erst die Geschichte zusammengefügt hast. Das heißt die Handlung selbst hast du erst später entwickelt?

    Bastian: Ich glaube anders ist das auch gar nicht möglich. Wenn man ein Drehbuch für einen Episodenfilm schreibt und dann direkt mit den Verschränkungen, den Verzahnungen der einzelnen Episoden anfängt, dann verzettelt man sich und verliert irgendwann den Überblick. Wichtig war es erst mal die Figuren und deren Geschichten richtig zu entwickeln, bis das gestimmt hat. Erst wenn die Episoden fertig geschrieben waren, habe ich angefangen sie zu verschachteln. Die Versuchung pfiffige Übergänge und Begegnungen bei einem Episodenfilm aufzubauen ist natürlich immer groß, aber darüber hinaus vergisst man leicht seine Figuren zu entwickeln. Deshalb habe ich jede Figur und jede Episode einzeln entwickelt und erst im Nachhinein verschränkt.

    Inwiefern hast du beim Schreiben schon über den Schnitt nachgedacht?

    Bastian: Wir hatten meistens wenige Einstellungen für eine Szene. Und gerade beim Episodenfilm sollte man sich nie darauf verlassen im Schnitt Sachen lösen zu können oder zu sehen wann ein Sprung in eine andere Szene möglich ist. Das muss schon alles vorher im Drehbuch klar sein. Bis auf zwei Szenen, sind alle Szenen im Schnitt mit dem Drehbuch identisch. Anders wäre das auch verantwortungslos.

    Olaf: In diesem Fall liegt es auch daran, dass der Film innerhalb von 24 Stunden spielt. Und dadurch hat man gar nicht so große Möglichkeiten, weil sonst der Ablauf durcheinander geraten könnte.

    Mit langen Einstellungen zu drehen ist für Schauspieler oft schwieriger, dabei müssen sie mehr auf Timing und andere Faktoren achten. Empfandest du es selbst auch als problematischer?

    Bastian: Ich würde nicht sagen, dass es für Schauspieler schwieriger ist. Ich glaube für Schauspieler ist es besser, denen macht es mehr Spaß in langen Einstellungen zu arbeiten. Und selbst wenn wir Pick Ups drehen, was selten vorkommt, lass ich trotzdem fast die gesamte Szene spielen. Ich finde es wichtig, dass Schauspieler immer die Szene durchspielen und man nicht kurze Stücke einfach herausnimmt. Die meisten Schauspieler sind dankbar wenn man so arbeitet.

    Olaf:Als Schauspieler ist man auch ein wenig freier. Wenn man eine Szene hoch auflöst heißt das für den Schauspieler, dass er immer gleich spielen muss, sonst kann man die Szene nicht schneiden. Wenn ich eine Plansequenz habe, kann der Schauspieler diese ganz unterschiedlich spielen. Da muss ich nur am Ende entscheiden welche Einstellung ich verwende.

    Habt ihr vorher viel geprobt oder waren die ersten Takes die Probe?

    Bastian: Wir machen normalerweise relativ wenig Takes. In diesem Film haben wir auch Szenen gehabt die mussten neun oder zehnmal gedreht werden. In der Regel ist es so, dass wir zwischen drei und fünf Takes nehmen. Wobei die ersten beiden meistens die Besten sind. Die nächsten Guten würden wahrscheinlich erst ab Take 40 kommen, wenn der Schauspieler so erschöpft ist dass er irgendwie alles fallen lässt. Aber…..Was hattest du noch mal gefragt?

    Olaf: Die Probe.

    Bastian:Ach, die Probe! Vor dem Filmdreh an sich wird das Drehbuch nicht geprobt. Das machen wir immer am Drehtag selbst, da proben wir wirklich nur die Szene die gedreht wird. Ich sage auch nicht den Leuten was sie machen sollen, es gibt zwar dieses Drehbuch, und es gibt die Dialogzeilen, aber die funktionieren mehr als eine art Halt. Wie eine Liane im Dschungel von der man sich von einer zur nächsten schwingt, aber im Grunde ist es eine Zusammenarbeit und man probiert solange daran herum durch Improvisation bis die Szene so homogen funktioniert, dass sie uns gefällt. Dann gibt es eine Stellprobe mit dem Kameramann und es wird sofort gedreht. Dadurch bekommt es so was Frisches.

    Bereitest Du Dich auch mit den Schauspielern Auf den Dreh vor?

    Bastian:Klar, vorher haben wir viele Gespräche über die Rolle, das Thema, auch einzelne Szenen, Sinn der Szene, Wirkung auf die Figur. Es wird alles sehr viel besprochen. Zum Teil entwickeln auch die Schauspieler etwas.
    Charly Hübner zum Beispiel hat die Figur von dem Badewannenliftvertreter mitentwickelt.
    Charly und ich haben uns in der Zeit, in der ich das Drehbuch geschrieben habe immer mal wieder zusammengesetzt und haben über die Figur gesprochen. Ein zweimal gab es Probeaufnahmen bei denen man so eine Art Interview mit der Figur macht. Also, wo Charly sich hinsetzt und ich interviewe ihn als die Figur Jörg Türmer. So kann man ein wenig herausfinden wie der Typ drauf ist. Was funktioniert, was funktioniert nicht für die Geschichte die man vorhat. Das sind in dem Sinne keine Proben, sondern mehr eine Stoffentwicklung.
    Nur die eigentlichen Szenen die im Drehbuch sind, werden am Tag selbst geprobt. Wenn man es tot probt, ist einfach die Frische weg.

    Wie lange habt ihr insgesamt für den Film gebraucht?

    Vom ersten Treatment bis zur Berlinale sind es jetzt genau zwei Jahre. Also ging relativ schnell.

    Und allein der Schnitt? Wie lange habt ihr dafür zusammengesessen?

    Olaf:Ich hab schon bei den Drehzeiten angefangen, allerdings mit Assistententätigkeiten und dann haben wir beide zwei Monate daran geschnitten.

    Was heißt Assistententätigkeit?

    Olaf:Den Ton angeben und so weiter. Ich hatte keinen Assistenten und habe das selber gemacht.

    Bastian:Aber es war schon so, dass Olaf parallel zum Dreh das Material vom Vortag bekommt und die Szenen auch schon mal schneidet. Auch um zu sehen, ob alles funktioniert und schneidbar ist. Während dem Dreh hat er mir immer DVD’s mit den geschnittenen Szenen geschickt, manchmal roh manchmal schon feiner, damit ich sehen konnte ob alles funktioniert, so wie wir uns das vorstellen. Als ich nach dem Dreh in den Schneideraum kam, gab es eigentlich schon einen Rohschnitt.

    Drei Filme habt ihr schon zusammen gemacht. Ist ein weiterer Film in Planung?

    Bastian: Ich schreib gerade an einem anderen Stoff. Aber das ist noch ganz am Anfang in der Treatmentphase. Bis da Olaf ins Spiel kommt wird das noch dauern. Das geht nicht so schnell.

    Wenn man als Regisseur und als Cutter gut miteinander zusammenarbeitet, bleibt man dann bei den nächsten Projekten zusammen oder entscheidet sich das von Projekt zu Projekt?

    Olaf: (lacht)Da bin ich aber auch mal neugierig!

    Bastian: (lacht)Olaf, geh doch mal raus. Grundsätzlich ist es so, dass ich gerne mit Leuten weiter zusammenarbeite. Mit Olaf war es jetzt der dritte Film. Mit Michael Kotschi, dem Kameramann, der vierte Film den wir zusammen machen. Martin, Producer und Produktionsleiter, hat in der DFFB all meine Filme betreut. Almut Stier, Verantwortliche für die Kostüme, war jetzt schon zum zweiten Mal dabei. Charly und Harald Koch, die beiden Schauspieler sind auch schon öfter dabei gewesen. Ich finde es gut einen festen Kern von Leuten zu haben, die miteinander arbeiten, weil man sich so zusammen weiter entwickelt. Als Olaf den ersten Film von mir geschnitten hat, war er ein bisschen darüber erstaunt als ich gesagt habe, er soll die Einstellungen länger stehen lassen und noch länger stehen lassen. Es hat erst einmal Zeit gebraucht bis er sich daran gewöhnt hat, wie der Rhythmus in meinem Film ist. Warum sollte man dann nach drei Filmen sagen, jetzt wo es funktioniert hole ich mir einen neuen Cutter.

    Olaf, du hast nicht an der DFFB studiert. Wie bist du zum Cutten gekommen?

    Olaf:Ich war auf einer Kameraassistentenschule und wir mussten auch selbst schneiden. Da habe ich festgestellt, dass mir das ganz gut liegt. Also habe ich mich damit weiter beschäftigt.

    Hast du dann eine Ausbildung gemacht?

    Olaf:Nein. Aber meine persönliche Meinung ist auch, die reine Technik zu begreifen ist nicht so schwierig für einen Cutter. Mittlerweile hat man auf jedem neugekauften Computer ein Schnittprogramm. Man muss sich dann eher damit beschäftigen wie man den Film schneidet.

    Bastian, Du hast nicht sofort angefangen an der DFFB zu studieren, sondern Lehramt. Wie bist du von da auf Regie gekommen?

    Bastian: Lehramt war eher eine Notlösung, ich wollte schon nach dem ABI gerne auf eine Filmhochschule. Mir war aber klar dass dies keinen Sinn macht. Wenn du mit 21 oder 20 Jahren nach dem Zivildienst auf die Filmhochschule gehst, was willst du da erzählen. Da kannst du einen Film über deinen Zivildienst machen oder über deine Schulzeit. Ich finde es sehr wichtig, dass du nicht mit 22 an eine Filmhochschule gehst, sondern erst einmal ein paar Jahre irgendwas machst, ein bisschen was erlebst oder sonst was. Ich dachte auch, ich habe überhaupt keine Chance wenn ich mich jetzt direkt nach der Schule da bewerbe. Ich wusste nicht wie Film funktioniert, wie man eine Szene dreht, wie man das schneidet! Wie macht man einen Film! Das wusste ich ja nicht! Man muss erst einmal Filme sehen, Bücher lesen, ausprobieren. Das braucht auch Zeit, sich das selbst beizubringen. Zumindest soweit beizubringen, dass man einen Bewerbungsfilm drehen kann der Chancen hat. Irgendwann hab ich das Lehramtsstudium abgebrochen, weil es öde war. Und dann hab ich mich beworben.

    Du hast während deinem Studium an der DFFB Regieassistenz bei Christian Petzold gemacht. Hast du dort Erfahrungen für dich selbst mitnehmen können ?

    Bastian: Ich konnte mir da einiges abschauen. Und es war eine sehr gute Erfahrung die Assistenz beim Christian zu machen, weil er im Grunde sehr ruhig arbeitet und die Arbeit am Set nicht hektisch ist. Genauso ist es bei uns auch. Es geht auch so, dass man ruhig und konzentriert arbeitet, ohne dass man als Regisseur immer die Riesenansagen machen muss, oder man ständig Hektik verbreitet.
    Das Konzept mit Schauspielern zusammenzuarbeiten und morgens zu proben, habe ich mir abgeschaut. Bei Hans Fromm, die beiden arbeiten auch schon lange zusammen, konnten Kotschi und ich auch über die Schulter schauen. Christian war für „Ende einer Strecke“ auch mal im Schneideraum und hat das Drehbuch für den Film gelesen. Es war auf jeden Fall eine sehr gute Sache für mich, dass ich immer dabei sein konnte.

    Wie bist du auf die Idee zu deinem Film gekommen?

    Bastian: Das Thema interessiert mich. Einsamkeit, Wunschbilder, innere Unruhe. Das sind Themen die seit ein paar Jahren sehr präsent bei uns sind. Gerade im Mittelstand wo die materiellen Sicherheiten eigentlich vorhanden sind und man im Grunde einigermaßen entspannt sein könnte. Aber diese Reize die von außen kommen und die Wunschbilder denen man nachjagt, das sind schon fast Luxusprobleme. Das finde ich sehr interessant.

    Wo sind deine Stärken oder Vorlieben? Beim Schreiben oder am Set?

    Bastian: Das Schöne ist, dass jede Arbeit anders ist. Drehbuchschreiben ist: man steht morgens auf, irgendwann fängt man an zu schreiben, irgendwann hört man wieder auf. Es ist alles relativ frei. Dann kommt die Arbeit am Set, dort ist man manchmal Extremsituationen ausgesetzt oder muss auch mal länger arbeiten. Wobei wir jetzt nie 14 Stunden drehen, wir versuchen immer 10 Stunden und danach ist Schluss. Alles was länger ist bringt dann auch nicht mehr viel. Und zum Schnitt gehst du wie ins Büro, morgens um zehn hin und abends um sechs gehst du wieder.
    Am meisten Spaß macht aber die Arbeit am Set. Das ist einfach die schönste Arbeit.

    Wisst ihr schon wie es weitergehen wird mit dem Film?

    Bastian: Die Vorstellungen auf der Berlinale sind jetzt vorbei. Am 11. März läuft er auf der lit.Cologne, eine Literaturmesse die zum ersten Mal ein kleines Filmprogramm mit einem Werkstattgespräch machen, vom Drehbuch zum fertigen Film nennt sich das.
    Durch die Berlinale hoffen wir jetzt, dass wir einen Verleih bekommen, die Chancen darauf kann ich aber im Moment nicht einschätzen.

  • Bernardo Bertolucci

    Peking Palast 500Der Regisseur von Filmen wie "Der letzte Kaiser", "1900", "La Luna" oder "Himmel über der Wüste", ist im Alter von 77 Jahren in Rom gestorben

  • Dokumentaristen

    Interviews mit Regisseuren

    Nichts erlaubt so viele Aufschlüsse über das dokumentarische Arbeiten, wie die Äußerungen der Filmemacher über ihre individuellen Projekte und allgemeine Gedanken zur Auseinandersetzung mit der Realität, den Protagonisten und dem Medium Film an für sich. Dabei zeigt es sich, dass die gestalterischen, finanziellen und technischen Grundfragen, ganz gleich auf welchem Teil des Erdballs die Regisseure arbeiten, sich ähneln.

     

    (Einige der Gespräche wurden am Rande des Dok. Fest München geführt.)

     

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    Der Regisseur des Filmes "Bad Boy Kummer" im Gespräch
    Ursula Scheid
    Die Regisseurin des Filmes "Im Jahr des Hundes" im Gespräch
    Jamie Kastner
    Der Regisseur des Films "Kike Like Me" unterhält sich mit uns...
    Matthias von Gunten
    Der Regisseur des Films "Max Frisch.Citoyen" im Interview mit Movie-College
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    Die Regisseurin von Carte Ghermez - The Red,  Card im Gespräch
    Fabiola Maldonado (Regie) und Ulrike Sülzle (Kamera)
    Die Regisseurin und die Kamerafrau des Films "Maïmouna - la vie devant moi" im Interview mit Movie-College
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    Interview mit Regisseurin Bettina Blümner und Produzentin Katja Siegel, die den Dokumentarfilm "Prinzessinnenbad" verwirklicht haben
    Sudabeh Mortezai
    Sudabeh Mortezai spricht über ihren ersten langen Dokumentarfilm" Children of the Prophet".
    Mesmer Rufin Mbou Mikima
    Interview mit Mesmer Rufin Mbou Mikima, der über seinen zweiten Dokumentarfilm "Tenrikyo, une tradition en toge noire" mit dem Movie-College spricht

     

  • Elmar Fischer

    ElmarFischer 1000Er ist Regisseur, Autor, Produzent und berichtet über seinen Film zum 11. September

  • Francesco Rosi

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    spielmann 500Der Österreichische Regisseur Götz Spielmann im Interview mit dem Movie-College

  • Interviewtechnik

    Interessante Interviews werden immer gefragter. Wie bereitet man die journalistisch perfekten Interviews vor?

  • Jamie Kastner

    Interview mit Jamie Kastner

    Jamie Kastner beantwortet Fragen aus dem Publikum.

    Jamie Kastner beantwortet Fragen aus dem Publikum.

    Jamie Kastner präsentierte beim Dok. Fest 2008 in München seinen Film "Kike Like Me". Der kanadische Dokumentarfilm beschäftigt sich mit der Frage, was es bedeutet, in der heutigen Zeit Jude zu sein. Wir haben uns mit dem Regisseur unterhalten.

     

    MC: What was your personal career in becoming a filmmaker?

     

    JK: My career actually started in a combination of print journalism, writing and theater. I had studied theater, literature and drama in university and I had worked for newspapers and I had written and directed plays. I loved theater acutually but it was such an abismo way of trying to make a living, there are terrible prospects. I am very bourgeois and so I thought I’d better find some way that I can make half a living at least and so I got into the world of the the camera, of television first, and then through doing shorter pieces. I produced for different kind of culture and arts shows and some semiinvestigative things although most of my work always had some kind of element of comedy in it. I gradually built up towards doing longer films.

     

    MC: How did you come up with the idea for your movie?

     

    JK: The inspiration for “Kike Like Me” was, as I say in the film, that people have often asked me, are you Jewish? I would have wanted to ask them in return, why do you want to know.

    And this really was something that has happened frequently in my life, I am not sure exactly why, maybe because the way I look, because of my name, which ironically is a German name, but in any case it’s a question that kept coming up and made me somehow uncomfortable. It made me want to know, why the person asking the question, was asking the question because it always seemed to carry some potential element of prejudice in it even if it wasn’t threatening whether the question was being asked by a Jew or by a non-Jew, it always seemed to make some assumptions, no matter the answer they had in their mind was, about the individual that didn’t really take into consideration who I might be as a person. Stemming from being asked that question a lot I just thought of how to turn it into a film, basically. […]

     

    MC:Is there anything special you want to tell the people with your movie?

     

    JK: I think what I am trying to do with “Kike Like Me” is start a discussion. I see it as a film about identity, that happens to take Jews as a case study. It raises questions about identitiy that would be appropritate to any non-white, non-mainstream group. But I think what’s interesting about Jews as a case study is that they are white, largely. And yet never, no matter how far into the mainstream Jews you get, you always made aware of the fact that they are Jews. So in America, for instance, it’s always the Jewish Neocons or this Jewish corrupt basketball commisoner. Something about those people subsession with identity issues is interestingly manifest in the case of Jews. I don’t see the film on the last word on anything, on anti-Semitism, on Jewish identiy, on indentity or anything of a sort. I really see it as a starting point of a discussion. And fortunately, so far, it seens to have accomplished that.

     

    MC: The titel “Kike Like Me” is quite provocative. Why did you choose this title?

     

    JK: The title “Kike Like Me” first of all is a reference to an earlier work, which is called “Black Like Me”, which is a book in the late fiftees, I believe, in which a white journalist took skin pigmentation to make his skin dark and went out into the American South as a kind of social experiment to find out what is was like to be black at that time. There is also an book and movie, that preceeded that by a dozent years, called “Gentelmen Agreement”, in which a non-Jewish journalist starts telling people, he is Jewish, to do a story on anti-Semitism. So it was a reference to those works, which I was taking as some kind of model for my concept of this film, basically. Then you could ask the question, why not “Jew Like Me” instead of “Kike Like Me”. I called it “Kike Like Me” because kike is an offensive and old-fashioned word and unfortunately what I discoverd over the course of filming is that the attitutes I found were accurately represented by that title. I mean, one of the essential questions of film for me is whether identity is yours to choose or whether it is something that is more meaningful defined by others and how they perceive you. I went out to make a film to find out what’s liked to be perceived as being Jewish and I found that this old-fashioned insult was an appropriate way to describe that perception unfortunatley.

     

    MC: We have seen the German premier of your film. Did the German audience react differently than the Canadian?

     

    JK: It’s interesting now to have the film premiered in Germany and now to be able to compare it to reactions I have got from different places. All audiences react different to different points in every screening. For one thing, seeing it in Germany for the first time with an audience there was no applause when the film ended. The ending is pretty powerful. And I think people are usually kind of shell shocked in one way or another however they usually applauded in the end. So I was deeply hurt and I thought they were all anti-Semites because they didn’t start applauding immediately. I was aware during the screening of watching myself on screen saying all kinds of aggressive things about German attempts to commemorate the Holocaust and was very conscious of being in a room full of Germans while this is going on and I was looking for the exits just in case. But on the whole, ultimetaley as the Q and A started I kind of forgot that I was in Germany. It was a similar kind of discussion to discussions that have been had after the film all over […].

     

    MC: You are quite critical of Jewdaism? Did you experience any accusing reactions after you showed your film?

     

    JK: I don’t know if you could say I am critical of Judaism. You could call the film an investigation. But it’s superficial. It’s more like I am just a tourist, going around the world trying get a sense what it means to be a Jew or to be perceived as being Jewish. I think I go through it with a genuine openness and I laugh when things that are funny, and I raise an eyebrow when things that are questionable, and I cry when things are upsetting. I am not consciously trying to react one way towards Jews or to non-Jews. If somebody is doing something that I think is strange and he is Jewish, I react the same way as if I think a person is behaving strangly and non-Jewish. But I wouldn’t say I am deeply critical of Jewdaism in the film, that said there has been a lot to the film that has been considered offensive to some Jewish people. I know that lots of people I know have not come and seen the film because of the title and the other section, which is the most controversial for Jews, is the section about Auschwitz. I showed an almost finished cut of the film to some friends in Toronto, who are kind of middle-aged secular Jewish couple and they had completely different reactions, I mean the husband and wife. He totally got the film and got the the point of view in the same way that I intended it and she was quite disturbed by it and told me at the end that she wasn’t sure whether I was an anti-Semite or not because she felt that much of my attitute, my aloofness and my distance are form the subject seemed unfeeling and insensitive and particulary she said how dare I mock something that she condiders sacred in Auschwitz. Of course after I got over the initial shock of being called an anti-Semite by someone who knows me as a friend. I thought thinking of their two reactions, this is working. I wanted to provoke discussion. There have been done lots of work and films on anti-Semitism by Jews and obvisiouly friendly towards Jews. I didn’t want to make an Jewish film, not that I am revealing if I am Jewish or not incidettally, but let’s say I were, I didn’t want to make a film that said, well, I am a nice Jewish boy and look at all the mean things that have been done to us. Who would care, Jews know all this already and non-Jews wouldn’t pay any attention. That’s just a Jewish thing. I wanted to make something that would try to provoke a wider audience into considering this issues and considering it in the larger context of identity.

     

    MC: You shot in different countries. On which anspects did you chose your locations on?

     

    JK: I ultimately chose where I shot based on where I might get a range of different material. Obviously when you make a road movie you want to have each stop on the journey reveal something different on the story. […]I chose things in different countries that were unexspected combinations of shades of my topic and then I assembled them in a way that there would be some narrative progression from one to the other so that you felt that you were learning something new at every step at the journey.

     

    MC: How reliable are documentaries from your point of view? Do they really tell the truth? What are they for?

     

    JK: This is a huge question and it’s question that obviously comes up a lot on documentary festivals and in general nower days and Michael Moore has taken certain amount of heat for not being accurate or not being truthful enough. As far as I know from the dawn of documentary, which I understand goes back to Robert Flaherty and “Nanuk of the North”, they were already setting up shots, they were already getting Eskimos, as they were still called then, to stand in such a way and get in their canoes in such a way. It’s always been a form just like filmmaking or writing or whatever that always has a certain amount of subjectivity to it. It’s the team of authors perception of what is truth that is being presented. It’s interesting coming to Germany as a North American who has done a film on Jewishness. And it’s always a little discomforting frankly. When you fly in the plane and you think about what you know about the war and what you know about history and what you know about this country and you think of it in terms of the films and books you’ve read because I have grown up in another part of the world and it make one aware of the extend to which in all of this works of art or education, you always only getting a slice of the picture. I mean life is so overwhelming and vast and the 360 degrees of experience of being alive and all the contradictory emotions and what you feel and and what everyone else feels and that crazy idea of life and humantiy where every little person thinks that he or she is a universe and they have their own version of this going on. I mean it’s so as if somebody has said, I mean, you could write a novel every second based on what’s going on in any given room, in any walk down the street. When you think of the novels that are actually written or the documentary films that are actually made, you only get a slice. And somebody is choosing what that slice is. And hopefully they are choosing it from sincere motivation to try to present the truth as they see it. Hopefully you can apply some kind of standarts of discrimination and journalism unbalanced or you understand the context in which they are speaking is a polemic like Michale Moore or an essay film like mine. You try to see if there is a consistancy to that. Are they kind of staying true what they set out to do.

     

    MC: Are there any advices you can give to joung filmmakers who want to make their first documentary?

     

    JK: Go to to law school. Forget it. Do something secure. Get a nice job. Learn plumbing that’s a very good trade. Some electrical engineers were in my audience last night and stuck around for a beer and I told them the same. I said, my mother would be very happy if they stayed with electrical engineering. Get a fall back profession first then you can make a film as long as you have an electrial engineering to fall back on.

    Any advice for young filmmakers? I think the advice for young filmmakers would be the same as for any practitioners of the arts, try to get as a broad an educations and as much an experience as you can. I think there is a big emphasis on the freedom of cheap equipment and how anybody can make a film. You know, technically that’s true. But you still want to become an educated, broad-minded person, and learn about all sorts of types of story teeling, and all kinds of thought, and read a lot, go to a lot of galleries, don’t just sit at home learning Final Cut.

     

    MC: Are there any skills that would be essential for a young director?

     

    JK: I expose, I work within some kind of tradition of narrative filmmaking, so the ability to tell a story would be useful, would be a useful skill for a young director. It’s a question mark. I didn’t go to filmschool. I’ve always favoured learnig by experiece. And I think filmschools are a relatively recent invention, sometimes now I fantasize going to filmschool, having it done for a number of years I think, would’t it be interesting to sit around talk about this and learn how a camera actually works and fill in the little gaps. But I am not sure if I have time to do that right now, unfortunately. It can only be good to learn how to shoot, learn how to edit. Then you are holding the paint brush, that can only be great. However, I’ve always valued I’ve come up in a time where it was a little bit of the old and a little bit of the new. I mean, you know I was working at CBC, which is the Canadian public broadcast and on places like that, where there were trained cameramans and trained editors and they were all carefully protected by unions and so you couldn’t just sit down on a editing thing anyway but I grew to understand and respect the craft of this people who have been doing it for thrity years and I was never gonna be able to make a shot as go good as they were, just like that anyway. I think there is a lot to think about when you are out on a shot and it’s taken me time and mistakes to learn how to plan more. On the one hand I think planning is great, the more you plan the better off you are. On the other hand you have to constanly ready to improvise. Go and try to keep you intuition and your instinct alive to just follow something that is good. […]

     

    MC: Thank you for the interview.

     

    Interview geführt von Eva Leiblein
     
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    << Ja, du hast es ja gedruckt! >>

     

    Bad Boy Kummer - Interview mit Regisseur Miklós Gimes

    Bad Boy Kummer - Interview mit Regisseur Miklós Gimes

    Movie-College:Eisenstein hat damals gesagt: " In einem guten Film geht es um die Wahrheit und nicht um die Wirklichkeit". Stimmen Sie dem zu?

    Miklós Gimes: Ja.

     

    Movie-College: Und in wie fern entspricht ihr Film "Bad Boy Kummer" der Wahrheit?

    Miklós Gimes: Jetzt müssen wir mal unterscheiden. Was Eisenstein natürlich meint, ist nicht eine juristische Wahrheit. Es ist nicht die Wahrheit, die sich mit juristischen Begriffen oder mit Begriffen "so genau geschah es", erklären lässt. Sondern Eisenstein, glaub ich, meint eine innere Wahrheit - und die Wirklichkeit ist das, was wir wahrnehmen. Hinter dieser Wirklichkeit gibt es innere Wahrheiten. Ich habe versucht in diesem Film, das was ich als die innere Wahrheit mir vorstelle, hervorzugraben. Ob mir das gelungen ist, weiß ich nicht, aber ich habe es auf jeden Fall versucht. Dieser Film ist nicht eine Art Kritik des Medienbetriebes oder eine Abrechnung mit irgendjemand - sei es mit Kummer, sei es mit dem SZ - Magazin - das hat mich in erster Linie nicht interessiert. Mich hat interessiert, wie funktioniert dieser Mensch. Und wenn ein Mensch so und so funktioniert, was passiert dann. Denn dann gibt es eine Geschichte und die wollte ich erzählen.

     

    Movie-College:Was denken Sie denn, wie objektiv Ihr Dokumentarfilm ist? Oder wollten Sie ihn überhaupt objektiv machen?

    Miklós Gimes: Ja, klar. Es ist ja ein journalistischer Stil - ich erkläre mich und mache Kommentare. Verschiedene Male hat man mir gesagt, warum ich denn nicht so einen Trick mache, das ich Kummer durch ein Double spielen lasse oder das man sagt, das ist alles sowieso eine Erfindung, was ihr da seht und das hat alles gar nicht statt gefunden. (…) Aber das wollt ich nicht. (…) Der ganze Film geht ja um Fake, deshalb musste er auch ganz trocken erzählt werden.

     

    << Ich bin der Garant für die Glaubwürdigkeit. >>

     

    Movie-College: Sie haben sich ja selber mit in den Film eingebaut - warum?

    Miklós Gimes: Wegen der Glaubwürdigkeit. Ich bin der Garant für die Glaubwürdigkeit. Ich bin immer dabei. Mir kann man so zu sagen trauen.

     

    Movie-College:Auf der einen Seite bringen Sie sich selber mit ein und man kann Ihnen vertrauen - auf der anderen Seite werden Sie greifbar, weil sie Protagonist und gleichzeitig der Regisseur sind.

    Miklós Gimes: Ja, das stimmt. Vielleicht hätte ich auch mehr Protagonist sein sollen - ich hätte mehr in diese Rolle hineinwachsen sollen.

     

    Movie-College:Wie einfach war das dann selber die Distanz zu wahren?

    Miklós Gimes:(...) Es ist einbißchen wie der Spieler -Trainer beim Fußball - der Trainer und Spieler zugleich ist. Das ist nicht unbedingt ideal - man muss vielleicht auch mehr Zeit haben und hineinwachsen.

     

    Movie-College: Ich weiß nicht, ob es falsch wäre, Tom Kummer als notorischen Lügner zu bezeichnen, aber war die Gefahr nicht auch beim Dreh, das man in Kummers Mikro-Kosmos versinkt?

    Miklós Gimes: Ja, das war auch ein Problem. Man muss die ganze Zeit alles was man hört gleichzeitig interpretieren. Und das schafft eine Distanz, aber diese Distanz ist auch nicht immer gut - dann kann man auch nicht mehr normal reagieren. Man ist ja immer gleichzeitig am überlegen - aha, was ist jetzt wieder. Man kann nicht spontan reagieren. Ich hab das gesehen, dass der Stab spontaner reagiert hat als ich. Vielleicht, weil der Stab nicht das Problem hatte zuviel zu überlegen, ob das Gesagte von Kummer alles so stimmt.

     

    Movie-College: Es gibt ja auch die sogenannten Alltagslügen. Wo sind da die Grenzen im Journalismus oder auch bei Tom Kummer?

    Miklós Gimes: Im Journalismus sollte man eigentlich generell nicht lügen. Es gibt nicht ein zu weit, zu wenig, oder zu viel. Es gibt ein gar nicht. Manchmal macht man sich lächerlich darüber, aber ich bin da noch alte Schule. Ich finde die Währung des Journalismus ist die Glaubwürdigkeit. Sonst würden sie keine Zeitung kaufen, davon bin ich überzeugt. Ich bin überzeugt, die Leute hätten das auch nicht gelesen, wenn in der SZ gestanden hätte: jetzt lesen Sie das das fiktive Interview mit Mike Tyson. Die Leute haben es gelesen, weil sie dachten, dass das Tyson wirklich gesagt habe.

     

    Movie-College:Gibt es denn einen Unterschied zwischen Sensationsjournalismus und dem Nachrichtenjournalismus?

    Miklós Gimes: Ja, sicher. Martin Suter sagt z.B. ein Interview mit Sharon Stone sei Unterhaltung, das muss nicht unbedingt wahr sein. Das finde ich nicht! Aber offenbar wird es so gemacht. Die Bunte, die Gala, (…), die kaufen ein Bild und machen irgendeine Bildlegende dazu - frei nach dem Motto: das hat Brad Pitt gemacht als er (…).Keine Ahnung. Vielleicht hat er auch etwas ganz anderes gemacht oder vielleicht hat er zu seiner Freundin auch etwas ganz anderes gesagt.

     

    Movie-College:Also kann man den Film nicht als Kritik am Journalismus betrachten?

    Miklós Gimes:Nein - auch keine Kritik an den Medien. Aber natürlich höre ich auch immer wieder in Diskussionen, dass über die 'scripted reality' gesprochen wird. Wie z.B. diese Gerichtsverhandlungen, die werden ja so dargestellt als wären sie echt. Niemand weiß, ist das jetzt echt oder nicht echt. Es ist ja nicht echt, oder?

     

    Movie-College:Nein.

    Miklós Gimes:Da wird geweint, Kinder werden ertränkt und so weiter - aber das ist ja nicht echt. (…) Vermutlich wird es immer mehr in diese Richtung gehen, das ist gut möglich. Dass die Medien immer mehr mit dem spielen, aber Sie sehen ja, Sie studieren Dokumentarfilm - sie wollen ja etwas anderes. Es ist auch ein anderes Interesse da. Authentizität. Etwas was zu erzählen mit diesem Mittel.

     

    Movie-College:Kommen wir nun zu Tom Kummer. Hat Sie eigentlich die Person Kummer mehr fasziniert als der ganze Trubel um ihn herum?

    Miklós Gimes: Was mich fasziniert hat, ist diese Person Kummer und gleichzeitig löst diese Person einen Trubel aus. Es kommen verschiedene Sachen zusammen, die verzahnen sich und das gibt eine Geschichte. Der "Held" dieser Geschichte ist Tom Kummer.

     

    Movie-College:Was ist denn so charismatisch an Kummer - warum war er es wert als Protagonist für den Film in Frage zu kommen?

    Miklós Gimes:Weil er unbegreifliche Sachen macht. Er betrügt, aber dann weigert er sich, sich schuldig zu fühlen. Er weigert sich sogar Verantwortung für das zu übernehmen, was er gemacht hat. (…) In meiner Weltvorstellung, denk ich, okay er hat jemanden betrogen und gleichzeitig will er aber von den anderen akzeptiert werden. Das sind einfach widersprüchliche Sachen. Und das finde ich interessant genug, um einen Film zu machen - aber es ist erst interessant, weil er einen Trubel ausgelöst hat. Das heißt: es wird greifbar, was er gemacht hat und öffentlich. Dann kommen Wirklichkeit und die Figur Kummer zusammen.

     

    << Ich gebe die Frage weiter an den Regisseur. >>

     

    Movie-College: War es schwer, diesen Zwiespalt in Kummer bildlich zu zeigen?

    Miklós Gimes:Ja, ich habe z.B. eine Szene herausgelassen, wo ich einfach wütend werde. Wo ich sage: " jetzt sag mal, was hast du eigentlich gemacht?". Ich hatte 50 Magazine von der SZ, von uns, von Marie Claire und etc. aufgestapelt und sagte: "Schau mal das ist deine Produktion in diesen vier oder fünf Jahren. Du kannst nicht behaupten, dass alle Leute, die Abnehmer von dieser Produktion waren, gewusst haben, dass du betrogen hast. (…) Also dann sag mal, wie es wirklich war!" - und dann hat er mich für einen Moment angeschaut und gesagt: "Ja, du hast es ja gedruckt!"- das war seine Antwort. Ich habe es dann herausgenommen, weil es für mich zu sehr nach Tribunal schmeckte. Vielleicht hätte ich es drin lassen sollen, weil der Film dann weniger missverstanden worden wäre. (…) Ich erinnere mich auch an einen anderen Moment als ein früherer Kollege von Kummer zu ihm sagte: wieso er denn solch einen Charakter habe, wieso er so selbstzerstörerisch sei? - darauf antwortete Kummer: "Ich gebe die Frage weiter an den Regisseur."

     

    Movie-College:Haben Sie denn versucht Kummer durch verschiedene Interviewpartner aus der Reserve zu locken?

    Miklós Gimes:Ja, aber das hat nicht funktioniert.

     

    Movie-College:War das frustrierend?

    Miklós Gimes:Ja, ein bißchen. Aber dann habe ich gemerkt, das ist seine Art. Das war dann eigentlich der Schlüssel zum ganzen. Ich habe entdeckt, dass er diese Interviews und diese journalistischen Sachen nur erfindet und dieses coole Gehabe eigentlich nur macht, damit man sich mit diesen Sachen beschäftigt und nicht mit ihm als Person. Er zieht eigentlich eine riesen Show ab, um sein verletzliches Ich zu schützen. (…) Seine Freunde sagen in seiner Jugend galt er schon als Hochstapler und er schlägt immer wieder neue Hacken - ihm kommen immer wieder neue Sachen in den Sinn, damit er nicht in die Situation kommt, wo es für ihn bremslich wird. Bremslich in dem Sinn, dass er sich mit sich selbst beschäftigen muss. (…) Zum Beispiel waren wir am Max Öphus Festival mit unserem Film und die Leute dort haben sich bemüht Kummer nach Deutschland zu holen. (…) Zwei Tage vor dem Termin bekomm ich eine Mail, wo er schreibt, dass er nicht kommen kann, da er seine eigene Tennisfirma nun gegründet habe.

     

    Movie-College: Also wieder einen Haken?

    Miklós Gimes: Ja, wieder einen Haken geschlagen. Und dann hab ich seine Mutter gefragt, ob er eine Firma hätte und sie sagte, er habe nur ab und zu einen Stellvertreter. Wieder ein Haken!

     

    Movie-College: Haben Sie denn das Gefühl, dass Sie etwas von dem verletzlichen Ich kennen gelernt haben? - Oder das Sie ihm zumindest näher gekommen sind wie z. B. durch die Home-Videos?

    Miklós Gimes:Die Home-Videos, das ist wieder eine andere Geschichte. In den Home-Videos vergewissert er sich, dass er das Richtige macht. Wie wirk ich nach außen, wer bin ich? Aber an das verletzliche Ich wirklich herangekommen und offen gelegt, das habe ich nicht.

     

    Movie-College: War das denn der eigentliche Versuch?

    Miklós Gimes:Ja, es war ein Versuch, aber erst im Verlauf der Dreharbeiten sind diese Zusammenhänge so klar geworden. Vielleicht wenn ich mehr Zeit gehabt hätte. Ich weiß nicht.

     

    Movie-College:Kennen Sie ihn jetzt besser?

    Miklós Gimes: Ja, ich glaube schon.

     

    Movie-College:Hat Sich ihr Verhältnis vor Beginn der Dreharbeiten bis zum Ende hin geändert?

    Miklós Gimes: Ja, am Anfang ging es um diesen Betrug. Und um Geld bis ich gemerkt habe, dass alles nicht so einfach bei diesem Fall ist.

     

    Movie-College: Kann man sagen, Sie haben nun mehr Verständnis für Tom Kummer?

    Miklós Gimes:Ja, vielleicht mehr Verständnis, dass heißt aber nicht das ich das billige, was er getan hat.

     

    Movie-College: Ich erinnere mich, dass Sie sich am Ende des Films dagegen entschieden haben ihn zu fragen, ob auch eine weitere Geschichte erlogen sei!

    Miklós Gimes:Stimmt. Ich wollte ihn nicht vorführen!

     

    Movie-College: Haben Sie sich vielleicht dagegen entschieden, weil Sie als Regisseur eine gewisse Verantwortung für den Protagonisten haben?

    Miklós Gimes: Ich weiß nicht. Vielleicht hat mir da auch die letzte Konsequenz als Journalist gefehlt. Der Journalist ist eigentlich auch einer, der andere Menschen vorführt und ich wollte das nicht. Ich dachte es ist ja eigentlich alles da, aber vielleicht war es nur in meinem Kopf da. Ich hätte zwei oder drei Mal expliziter sein müssen. Es ist ja ein Film, der sich selbst erklären muss.

     

    Movie-College:Es gab unter anderem Bilder im Film, die farblich herausstechen und wahrscheinlich nachkorrigiert worden - was war die Idee dahinter?

    Miklós Gimes: Also, es gab diese Home-Videos, die hatten ein bestimmtes Format - das ist nicht das 16:9-Format. Das heißt, wir mussten uns überlegen, um die Bilder auf die ganze Leinwand zu bringen, müssen wir sie entweder verzerren oder wir machen einen Splitscreen. Wir haben uns dann für den Splitscreen entschieden und haben noch zusätzliches Material dazu genommen. Demzufolge haben wir den Splitscreen an Orten genutzt, die nichts mehr mit den eigentlichen Home-Videos zu tun hatten. Außerdem gibt es gewisse Szenen, die mit einer großen und schweren Videokamera auf Stativ gedreht sind und diese haben eine ganz bestimmte Tiefenschärfe. Die Stativsachen sollen Ruhe reinbringen und selbst erklärend sein. Alles andere ist mit Handkamera gedreht wie z.B. Gespräche, Bewegungen etc. Dieses Prinzip haben wir ziemlich eisern durchgehalten und ich glaub, dass hat funktioniert.

     

    Movie-College: Die Handkamera als Mittel, um die Szenen realistischer wirken zu lassen?

    Miklós Gimes:Ja, aber gleichzeitig auch, um sie zu verfremden. Wir haben in der Postproduktion auch noch einwenig nachkoloriert. Das wurde uns später Übel genommen - na ja, wir haben es trotzdem gemacht!

     

    Movie-College: Verfremdet vielleicht auch aus dem Grund, weil bei Kummer selber Realität und Fiktion verschwimmen?

    Miklós Gimes:Ja, um dies ein bißchen auf eine fiktionale Eben zu heben. Es ist ja immerhin ein Film.

     

    Movie-College:Tom Kummer hat ja den Film gesehen, wie war seine Reaktion?

    Miklós Gimes:Ging so. Er war enttäuscht, dass diese Chefs nicht Stellung genommen haben. Er hätte sich den Film konträrer gewünscht. Mit mehr Spannung. (…) Und vielleicht hätte er sich auch mehr gewünscht, dass ich ihn mehr angreife.

     

    << Vielleicht muss man mit ihm einen Monat auf eine einsame Insel fahren. >>

     

    Movie-College: Würden Sie einen zweiten Teil mit Tom Kummer machen im Falle er gesteht seine Fehler?

    Miklós Gimes: Eingestehen, das würde er nie sagen. Vielleicht muss man mit ihm einen Monat auf eine einsame Insel fahren.

     

    Movie-College:Sind Sie denn zufrieden mit dem Film und dem Ende?

    Miklós Gimes:Natürlich. Das muss ich ja jetzt sagen. Und all meine Zweifel können wir ein anderes Mal besprechen.

     

    Interview geführt von Katja Tauber
     
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    Als Regisseur ist er vor allem durch Spielfilme wie "Brazil", "König der Fischer" und "Twelve Monkeys" bekannt geworden.

     

    Katastrophen am Wegrand

    Einige seiner Projekte galten als desaströs, insbesondere "Münchhausen" und "Gebrüder Grimm" wegen exorbitanter Überziehungen und "Don Quichote", welcher nicht fertiggestellt wurde. Auch sein "Kabinett des Dr. Parnassus" aus dem Jahre 2009 stand unter keinem guten Stern, Hauptdarsteller Heath Ledger starb während der Dreharbeiten, nur durch den Kunstgriff, die Rolle mit zwei anderen Weltstars abwechselnd weiterzuführen, ermöglichte die Fertigstellung. (Siehe auch Filmdesaster)

     

    Anspruch aufs Komplexe

    Simple Unterhaltungsfilme wie etwa Harry Potter oder Forrest Gump lehnte Terry Gilliam stets ab.

     

  • UCINE

    Arg Gasse3 1000Die UCINE gilt als beste private Filmuniversität des Landes