Atmos sind keine einzelnen Geräusche sondern so etwas wie die Summe vieler Geräusche an einem Drehort. Sie bilden für die meisten Filmszenen so etwas wie einen Klangteppich, der hilft, die Szene auch akustisch zu verorten. Gute Atmos sind etwas sehr kostbares für einen Film, wie kann man diese hochwertig aufnehmen? Es sind wie so oft mehrere Faktoren, die dazu beitragen, dass Filmatmos besonders gut gelingen. Natürlich sind es vor allem die vorhandenen, also natürlichen oder auch durch Menschen verursachten Klanggemische, die wir hören, welche den Unterschied ausmachen. Atmos können eine eigene Poesie haben oder aber auch emotional, nicht selten auch psychisch Elemente einer Filmszene hinzufügen, die einen berühren, bewegen, die man in Erinnerung behält. Wildlife Filme leben nicht nur von spektakulären Tier,- und Naturaufnahmen sondern auch von ebenso genialen Naturatmos. Atmo wird als solche oft nicht bewusst wahrgenommen, ist aber dramaturgisch enorm wichtig, denn sie erzeugt Raum, Stimmung, Übergänge und Authentizität.
Und natürlich spielen handwerkliche und technische Dinge eine wichtige Rolle, also welche Recorder wie beispielsweise von Sonosax, Sound Devices, Aaton, Nagra oder Zoom wir verwenden und mit welchen Mikrofonen etwa von Sennheiser, Neumann, Nevaton, Rode etc. wir arbeiten, welchen Windschutz wir verwenden. Und natürlich, welche Aufnahmephilosophie wir dabei verfolgen.
Denn der Filmton hat sich sehr gewandelt, von frühen Monoaufnahmen, die mit Lichttonkameras aufgenommen wurden über Surroundton bis hin zu 360 Grad Tonsystemen mit zig getrennten Abspielpositionen einzeln adressierbarer Tonereignisse im Kino bei Dolby Atmos oder Ambisonics Ton bei Virtual oder Extended Reality. Fest steht, dass man heutzutage sicher keine Atmo mehr in Mono, also mindestens in Stereo aufnehmen sollte und dass auch ältere Mono Atmos heute mit Hilfe von Software in Stereoformate gewandelt werden.
Stereophonie
Theoretisch kann man ein Richtmikrofon (z.B. ein MKH 416 oder MKH 60) mit einem weiteren Mikrofon (einer Acht) als MS oder Doppel-MS funktionieren. Oder man arbeitet mit zwei identischen Mikrofonen, die man als AB oder XY Stereofonie anordnet. Oder man setzt gleich auf ein 360 Grad Ambisonics Mikrofon wie etwa das Rode Ambeo aus dem man später alle möglichen Signalformen dekodieren kann.
Einzelne Richtmikrofone nebeneinander in einer Aufhängung in AB oder XY verwendet stellen klanglich und von der Art der Stereophonie stets einen Kompromiss dar. Sie sind schließlich für etwas anderes konstruiert, als Atmos,- sie sollen nach vorne in einem sehr engen Winkel im Idealfall Sprache aufnehmen und heben sogar den Bereich im Sprachfrequenzspektrum, der für die Sprachverständlichkeit verantwortlich ist, etwas an.
Meistens verbindet man bestimmte Richtwirkungen, die etwas weitere Winkel haben, miteinander. Zu den gängigsten zählen (Nieren-) XY, ORTF, (Kugel-)Spaced Pair, (Richtrohr/Acht-) M/S usw. Jede dieser Mikrofonkombinationen erfordert unterschiedliche Mikrofone und liefert in unterschiedlichen Umgebungen recht unterschiedliche zumeist aber funktionierende Ergebnisse.
Eine besondere Variante, die einige Tonleute nutzen ist eine erweiterte Form der "Mitte-Seite (MS)-Stereoaufnahme", das sogenannte Doppel-MS-Setup, bei dem zwei MS-Systeme parallel verwendet werden, um damit Surround-Sound zu erzeugen. Dieser Aufbau besteht aus einem "Mitte"-Mikrofon (meistens eine Niere), einem "Seiten"-Mikrofon (Achtercharakteristik) und einem zweiten "Mitte"-Mikrofon (identisch mit dem anderen Mitte-Mikrofon), welches in eine andere Richtung zeigt. Durch die Kombination der Signale dieser drei Mikrofone in der Filmmischung können sowohl Stereo- als auch Surround-Tonspuren erzeugt werden. So ein Aufbau kann zum Beispiel aus zwei MKH 8040 (Sennheiser-Niere) und einem MKH 30 (Acht) bestehen.
360 Grad Mikrofone
Zumeist teurer, aber dafür auch authentischer und vielseitiger sind Rundum-Mikrofone, wie etwa von Sennheiser (Ambeo), Rode (NT-SF1) oder auch das DPA Mikrofon (DPA 5100) kombiniert mit einem 4 oder 6-Spur-Recorder und einem Surround-Sound-Programm welches meist mitgeliefert wird. Sie arbeiten alle ähnlich, allerdings unterscheiden sie sich im Rauschverhalten und im Preis. Wenn man leise Atmos aufnehmen möchte, spielt das Grundrauschen, welches das Mikrofon oder der Vorverstärker des Recorders erzeugt, eine Rolle. Andererseits kann man heute, falls nötig, dank intelligenter KI-Filter solche Dinge auch in der Postproduktion korrigieren.
Basisregeln
- Sie soll etwas typisches von dem Ort einfangen, an dem sie aufgenommen wird
- Sie sollte bei Stereophonie grob die Aufnahmerichtungen der Kamera berücksichtigen. Es kann bei Stereo Sinn machen mehrere Atmos für stark unterschiedliche Kamerarichtungen aufzunehmen.
- Sie soll keine unkontrollierten Störgeräusche oder gar Musikbeschalltung enthalten
- Bei Außenaufnahmen, ganz gleich ob Stereo oder Ambisonics, stets einen Korbwindschutz verwenden
- Sie soll lang genug sein, mindestens 1–2 Minuten ohne Unterbrechung sind Standard
- Sie sollte keinen Dialog oder Bewegungsgeräusche einzelner Menschen enthalten, sofern es nicht dramaturgisch erwünscht ist
- Sie sollte in Stereo oder Ambisonics aufgenomen werden und nicht in Mono
- Sie sollte einen sauberem Anfang und ein sauberes Ende haben (Rolloff) und nicht abrupt abreißen
- Nicht zu hoch pegeln beim Recorder, lieber etwas unter den - 9dB bleiben
- Rauscharme Vorverstärker / Recorder verwenden, besonders wichtig bei leisen Atmos
- Klare Ansagen machen um die Atmo später genau identifizieren zu können