
Es kommt öfter vor als man glaubt, dass auf Internetplattformen Betrüger angebliches Filmequipment anbieten, was gar nicht existiert. Was passiert da genau auf Verkäufer und Käuferseite? Kleinanzeigen.de, ebay und andere Plattformen schweigen aus gutem Grund darüber, wie hoch die Zahl der Betrugsfälle tatsächlich ist. Es würde ihrem Geschäftsmodell vermutlich empfindlich schaden, wenn da Zahlen öffentlich würden. Während normaler Online-Handel also kommerzielle Anbieter die an Privatkunden verkaufen nur mit ca. 3 % an Betrugsfällen leben muss, geht man bei privaten Verkäufen wie es sie bei kleinanzeigen.de oder ebay gibt, von etwa 29% Usern aus die bereits einmal mit Betrug in Berührung gekommen sind. Kleinere Plattformen wie Catawiki, Hood.de, Auvito.de werden etwas seltener Ziel von Betrügern, doch auch dort kommt das Phänomen zum Tragen.
Leider schaffen es die Plattformen nicht, ihre User ausreichend vor Betrug zu schützen. Dass sie um ihre Schwachstellen wissen, erkennt man an den Warnhinweisen, die im Fall von Kommunikation mit Anbietern / Kunden angezeigt werden. Allerdings wird hier vor allem auf die gebührenpflichtigen Schutzangebote wie die "Sicher bezahlen"-Funktion! oder PayPal verwiesen, statt wirksame Schutzmechanismen einzurichten. Auch nutzen Betrüger bestimmte Abläufe und Mechanismen der Seiten gezielt aus.
Wir haben uns auf ein offensichtlich betrügerisches Angebot eingelassen und exemplarisch Abläufe dokumentiert, die Euch vielleicht als Schutz vor solchen Angeboten helfen können. So wie die Betrüger gerne mit Textbausteinen arbeiten könnt Ihr unsere Textbausteine verwenden, um herauszufinden, was hinter diesen besonders günstigen Angeboten steckt. An dieser Stelle zeigen wir Euch deshalb einen typischen Betrugsversuch auf, bei dem ein Betrüger ein Produkt günstiger als üblich anbietet, welches aber gar nicht existiert. In diesem Fall handelt es sich um das Angebot eines Mixpre III von Sound Devices, einen kompakten digitalen Recorder. Wie genau funktioniert der Betrug und wie waren unsere Schutzabfragen?
Betrugsversuch SD Mixpre II auf Kleinanzeigen.de
Verkäuferseite
- Für Betrüger ist bereits der Zeitpunkt, wann sie mit ihrem Betrug beginnen, ein wichtiger Faktor. Gerne setzen sie ihre Betrugsanzeigen zum Wochenende ein, zu einem Zeitpunkt wo sich viele Hotlines um Betrug zu melden, schlicht im Wochenendschlaf befinden.
- Auf kleinanzeigen.de taucht also an einem Freitag das Angebot eines günstigen Micpre III Recorders auf, der für 380,- Euro samt Zubehör angeboten wird.
- Zu diesem Zeitpunkt hat Jemand den echten Account von Andrea, der Verkäuferin (Name von der Redaktion geändert) bereits gehackt. Der Hack fand nachts statt, sodass Andrea erst am nächsten Tag die Mailnachricht gesehen hat, dass jemand das Passwort von ihrem Account bei "Kleinanzeigen.de" zurückgesetzt hat.
- Als Andrea das am nächsten Tag erfuhr, konnte sie in ihren eigenen Account nicht mehr hinein, weil durch das Zurücksetzen des Passworts ein neues Passwort gesetzt wurde.
- Daraufhin hat Andrea das kleinanzeigen.de gemeldet, aber da kam nur eine automatische Mailantwort, dass man sich zeitnah bei ihr melden werde. Doch auch vier Tage später kam von kleinanzeigen.de immernoch nichts. Ja, es war Wochenende, doch für Notfälle sollte eine solche Plattform auch an Wochenenden oder spätestens in der neuen Woche dann einen Ansprechpartner anbieten.
- Tage später hat Andrea von ihrem email Provider eine Nachricht erhalten, dass sich wer Unbefugtes in ihr Email Konto einloggt hatte. Es zeigte sich, dass anscheinend irgendwas eingestellt wurde, dass die Mails von eBay weitergeleitet wurden. Deswegen hat nicht sie, sondern der Betrüger die Mail für das Zurücksetzen des Passworts bekommen.
- Der Betrüger hat sogar für betrügerische Verkäufe einen Fake Ausweis mit Andreas Vornamen und eine Fake Rechnung erstellt.
Käuferseite
Inzwischen hat unser Testkäufer Martin bereits auf die Anzeige reagiert und sein Kaufinteresse bekräftigt. Die nachfolgenden Posts erfolgen ab da in kurzen Abständen, es ist fast schon wie ein Chat. Hier nun der genaue Wortlaut der Nachrichten, die auf kleinanzeigen.de ausgetauscht wurden, aus denen deutlich wird, wie Betrüger argumentieren und versuchen, nicht abgesicherte Verkäufe durchzusetzen. Man achte auf die Mitte des Dialoges, dort spürt man wie der Betrüger wütend wird und sich gerade noch wieder einfangen kann:
Martin: Hallo Andrea, ich interessiere mich für den SD Recorder. Da ich auf dieser Plattform vor zwei Jahren beim Kauf genau so eines Gerätes betrogen wurde, wäre mir an einer Bezahlung per PayPal gelegen. Wäre das möglich?
Beste Grüße,
Martin
25.08.2025
Betrüger: Hallo Martin! Wenn eine Abholung nicht möglich ist, dann nur PayPal Freunde. Ich bin ein verifizierter Verkäufer mit positiven Bewertungen und habe eine Rechnung, also können Sie beruhigt sein. Ich handle hier seit über 10 Jahren.
Viele Grüße!
25.08.2025
Martin: Hallo Andrea, genau dies war die Situation bei dem Betrugsfall. Sorry wenn man nach so einer Erfahrung misstrauisch wird. Der einzige Grund, weshalb sich ehrliche Verkäufer PayPal Freunde wünschen könnten, ist die Gebühr, die sie bezahlen müssten, wenn der Verkauf abgesichert wäre. Die Gebühr bei Paypal würde bei dem Sound Devices 9,82 € betragen. Die runde ich gerne auf 10,- € auf und zahle diese zusätzlich. Einverstanden?
Beste Grüße,
Martin
25.08.2025
Betrüger: Sie können auch per Echtzeit Überweisung bezahlen, das Konto läuft auf meinen Namen, das ist kein Problem. Ich kann Ihnen auch gerne meinen Ausweis zeigen, damit Sie keine Bedenken haben. Viele Grüße!
25.08.2025
Martin: Was spricht gegen PayPal und ich übernehme die Gebühren?
25.08.2025
Betrüger: Ich hatte leider schon echt Stress mit dem Käuferschutz. Hatte mal einen Käufer, der den Artikel bekommen hat und trotzdem eine Rückerstattung wollte. Musste das Geld dann über den PayPal-Support einen ganzen Monat lang zurückerstatten. Deswegen benutze ich jetzt nur noch paypal Freunde. Du musst dir aber keine Sorgen machen, ich habe super Bewertungen und über 300 Verkäufe über diese Option
25.08.2025
Martin: Nun wenn es um Vertrauen geht dann sollte meine Historie hier auf der Seite ausreichen um festzustellen dass ich kein Käufer bin der behauptet, Pakete nicht erhalten zu haben und dann PayPal aktiviert. Die Plattform weiß leider nichts von über 300 Verkäufen, nur 3 Käufer bestätigen dass auf Andrea Verlass ist. Da erscheint mir PayPal auf Grund meiner Erfahrungen durchaus sinnvoll.
Beste Grüße,
Martin
25.08.2025
Betrüger: Nach 10 Jahren auf dieser Seite kann ich meine Bedingungen selbst festlegen. Ich bin der Verkäufer, Sie der Käufer. Wenn Ihnen meine Bedingungen nicht passen oder Sie Bedenken haben, können Sie sich gerne nach anderen Angeboten umsehen. Ich habe Ihnen alles angeboten, was ich konnte, die Entscheidung liegt bei Ihnen. In jedem Fall vielen Dank für Ihr Interesse!😉
25.08.2025
Martin: Hallo Andrea, ich habe noch eine Möglichkeit entdeckt, den Verkauf sicher zu gestalten mit derm Käuferschutz von Kleinanzeigen. Die verwalten das Geld träuhändlerisch, so sind beide Seiten, also auch Sie abgesichert. Das klingt doch sehr vernüftig. Auch hier würde ich anfallende Gebühren (17,60) übernehmen. Beste Grüße, Martin
25.08.2025
Kaufanfrage
Daraufhin startet Martin eine Kaufanfrage über die geschüzte Kaufoption bei kleinanzeigen.de:

Doch der Kaufantrag wird sofort abgelehnt.
Betrüger: Suchen Sie sich bitte ein anderes Angebot, viel Erfolg!!!
25.08.2025
Martin: Ich ahne, warum Sie so reagieren...
25.08.2025
Betrüger: Schauen Sie sich doch mal ein Video auf YouTube an, warum Verkäufer Zahlungen per Freunde bevorzugen. Man kann es zwar jedem erklären, aber manche verstehen es einfach nicht. Sie gehören wohl zu Letzteren
25.08.2025
Martin: Nun auf YouTube gibt es auch Videos von der Kripo, warum man auf solche Geschäfte nicht eingehen sollte...
25.08.2025
Betrüger: Kein Problem, ich bin sicher, Sie finden ein passendes Angebot. Wenn Sie Freunde in Aachen haben, können diese gerne bar bezahlen und das Gerät abholen
25.08.2025
Martin: Das klingt nicht schlecht, ich kenne sogar Jemand in Aachen, der das vielleicht für mich übernehmen könnte. Ich frage mal nach.
25.08.2025
Martin: Sorry dass es etwas gedauert hat bis ich Antwort erhielt, der Kollege wollte wissen, wo genau in Aachen er das Gerät denn abholen müsste, wie weit sein Weg wäre, er selbst wohnt in Laurensberg.
Darauf fiel dem Betrüger offensichtlich nichts mehr ein. Die nächste Nachricht erfolgte dann einen Tag später von der echten Besitzerin des Accounts:
Andrea: Hallo, hier ist Andrea! Jemand hat mein EBay Kleinanzeigen gehackt und diese Anzeigen reingestellt und mit Ihnen kommuniziert! Ich probiere schon seit Tagen wieder in mein Konto reinzukommen, aber leider hat es jetzt erst geklappt!
Die eigentliche Besitzerin des Accounts hatte also etwa vier bis fünf Tage lang keinerlei Kontrolle darüber, was in ihrem Namen an betrügerischen Verkäufen getätigt wurde. Vielleicht helfen Euch die Originaltexte des vereitelten Verkaufs, so etwas selbst zu vermeiden. Leider sind auch in diesem Fall offenbar einige Käufer um ihr Geld betrogen worden.
Tage später und vermutlich auch zahlreiche Betrugsfälle über den gehackten Account von Andrea später, kam dann endlich von Kleinanzeigen.de eine Mail mit folgendem Inhalt:
Hallo,
am 26.08.2025 um 15:49 Uhr hattest du mit Andrea Kontakt zur Anzeige „Sound Devices MixPre-3 II neuwertig+umfangreiches Profi-Zubehör“ (Anzeigennummer xxxxxxxxx).
Wir haben den Zugang von Andrea eingeschränkt, da wir vermuten, dass das Nutzerkonto missbräuchlich durch Dritte verwendet wurde. Bei diesen Kontoübernahmen werden beispielsweise Anzeigen verändert, neue Anzeigen aufgegeben, oder Nachrichten versendet, ohne dass der eigentliche Kontoinhaber dies veranlasst hat.
Wäge bitte sorgfältig ab, ob du mit Janaina weiterhin in Kontakt bleiben möchtest.
Nun zu diesem Zeitpunkt ist der Betrüger zumindest virtuell längst über alle Berge. Wer ohne Käuferschutz bezahlt hat wird keine Hilfe bekommen, weder von PayPal noch von Kleinanzeigen.de oder der Polizei. Also passt gut auf Euer schwer verdientes Geld auf und lasst Euch nicht durch den seriösen Anstrich der Verkaufsplattformen oder die positiven Bewertungen der gehackten eigentlichen Accountbesitzer täuschen. Man sollte sich also unbedingt angewöhnen, als Käufer auf Nummer sicher zu gehen. um nicht zu den 30 % der Kunden zu gehören, die mit solchen privaten Börsen schon einmal in Berührung mit Betrug gekommen sind.

