Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit, meinte dereinst Karl Valentin. Was er aber wegließ,- sie ist oft auch von Geldsorgen begleitet. Independent-Filmer haben es nicht leicht, wenn sie von dem, was sie am liebsten tun, leben möchten. Wer als Independent Filmemacher arbeitet, wird wahrscheinlich noch andere Einnahmequellen benötigen, um eine finanzielle Konstanz zu erreichen. Das klingt erst einmal nach größeren Schwierigkeiten, doch wenn man sich vor Augen hält, wie viele Menschen mehrere Jobs ausüben, um leben zu können, ist es wieder nicht mehr so ungewöhnlich. Indie-Filmemacher können natürlich zwischen ihren eigenen Filmen auch andere Jobs in der Filmbranche ausüben, können Imagefilme oder Werbung machen, können Kurse anbieten etc.
Trotzdem ist es wichtig zu wissen, dass es eher die Minderheit an Indie-Filmern ist, die nur von ihren Filmen leben können. Die meisten Indie Filmer arbeiten projektweise, haben zwischen diesen Arbeiten Monate kein Einkommen. Ihre Gagen liegen zudem, falls sie überhaupt etwas verdienen, unter dem normal üblichen Tarifniveau. Wer mit seinen Filmen immer wieder auf Festivals Preise holt oder mit bekannten Schauspieler*Innen arbeitet, hat deutlich bessere Chancen auf bessere Bezahlung.
Ursachen
Indie-Filme sind selten Publikumsmagnete, das heißt, sie spielen mehrheitlich keine Gewinne ein. Das hat nichts mit ihrer Qualität zu tun, sondern damit, dass sie keine finanzkräftigen Vertriebe und Verleihe haben, dass schlicht keine Werbung und nur wenig PR für sie gemacht werden kann.
Sie fallen auch durch das Raster für hohe Filmfördersummen, Förderungen wie die FFA halten durch restriktive Regularien sogar Indie-Produktionen fern, weil diese bestimmte Regeln gar nicht erst erfüllen können. Damit schützen die großen Produktionsfirmen ihren Zugriff auf FFA Gelder. Stattdessen werden Indie Filme meist von anderen, kleineren Förderungen mitfinanziert,wie BKM, Eurimages, CNC, Creative Europe oder auch einzelne Länderförderungen. Häufig decken diese knapp die Produktionskosten und nur kleine Honorare.
Oder die Filme werden aus Ersparnissen finanziert. Filmemacher investieren ihr eigenes Geld oder sind auf private Unterstützer angewiesen. Deshalb haben die Indie-Filmemacher oft keinerlei Rücklagen. Zahlreiche Projekte werden als "No Budget" Filme "von der Hand in den Mund“ produziert, vielfach wird dabei auf Honorar verzichtet oder man arbeitet auf Rückstellung oder eine Beteiligung, die aber oft niemals ausgezahlt wird. Das hat einen Markt hervorgebracht, in dem unbezahlte Arbeit die Normalität ist. Häufig übernehmen Indie Filmemacher gleich eine Reihe von Aufgaben, wie etwa Regie, Drehbuch, Produktion, Schnitt, das ist nicht immer die beste Wahl für das kreative Ergebnis und natürlich langfristig sehr kräftezehrend.
Vertriebsschwäche
Die Idee, einen Film selbst vorzufinanzieren und dann ins Kino zu bringen oder an Fernsehsender oder Streamingdienste zu verkaufen ist riskant, denn nur wenige Sender oder Streamer kaufen Filme an und wenn dann zu deutlich zu niedrigen Preisen. Selbst die Kinos bevorzugen große Mainstreamfilme, weil diese ein größeres Publikum garantieren. Independent-Filme bekommen selten Spielzeiten. Hinzu kommt fehlendes Marketing: Ohne Werbebudget bleiben auch hervorragende Filme oft unentdeckt.
Selbst wenn Filmemacher mit ihren Filmen auf Filmfestivals und bei Preisverleihungen Erfolge feiern, so muss man sich vor Augen halten, dass sie oft ein oder zwei Jahre mit ihren Filmen herumreisen und diese promoten, ohne dafür bezahlt zu werden. Sie reisen dann um die Welt, während ihre Miete und laufenden Kosten Zuhause weiter laufen, ohne dass die etwas verdienen. Das Problem besteht übrigens weltweit, es gibt Indie-Filmer die für Oscars nominiert sind, aber nicht wissen wovon sie ihre Miete zahlen sollen.
Herzensangelegenheit
Weshalb sich Indie-Filmer auf diese schwierigen Bedingungen einlassen? Bei den meisten von ihnen ist es eindeutig die große Leidenschaft und starke Willenskraft, dass man sich unmöglich etwas anderes vorstellen kann, als Filme zu machen. Deshalb lässt man sich auf niedrige Bezahlung, oft deutlich unter Mindestlohn, wenn man es auf die Zeit umrechnet, ein und versucht die oft jahrelange Durststrecke in der man seinen letzten Film promotet, irgendwie zu überstehen. Gar nicht selten investieren Regisseure einen Teil ihrer ohnehin zu niedrigen Gage in das Budget des Films zurück, um Ausgaben zu decken die notwendig sind um ihre besondere Vision von dem Film umzusetzen.
Das Problem ist weltweit zu beobachten. Selbst ein Regisseur wie Sean Baker, der bei den Oscars 2025 mit "Anora", seinem achten Spielfilm erfolgreich war und zu den bekanntesten Indie-Filmern der USA gehört, kennt dieses Problem. Er hatte ein 6 Millionen Dollar Produktionsbudget für den gesamten Film, was in den USA sehr wenig ist und hat sich mehrfach öffentlich dazu geäußert, wie schwierig es ist, seinen Lebensunterhalt zu verdienen wenn man mehrere Jahre Zeit mit einem Film verbringt. Brady Corbet hat über seine Arbeit und die Promotion von "The Brutalist“ Ähnliches berichtet.
Überlebensstrategien
Noch schwieriger ist es, wenn die Pausen zwischen einzelnen Filmen sehr lang sind, man drfei, fünf, acht oder sogar zehn Jahre auf die nächste Finanzierung, den nächsten Dreh hinarbeiten und warten muss. Wenn die Anfragen und Folgeaufträge ausbleiben, sollte man sich darauf besinnen, was man handwerklich beherrscht und wie man damit Geld versienen kann. Es ist nichts Verwerfliches, wenn man zwischen den eigenen langen Filmen auch Imagefilme, Werbefilme, Unterrichtsfilme, Special Interest-Filme, Online-Werbing, Branded Content, Network Piloten, Tutorials etc. herstellt.
Im Gegenteil, wenn man diese mit hohem Anspruch dreht, wenn man sie vielleicht auch als Testmöglichkeit betrachtet, um andere Kreative aus unterschiedlichen Gewerken kennenzulernen, die man dann vielleicht auch bei den großen eigenen Filmen beschäftigt, dann kann man davon in vielerlei Weise profitieren. Immer mehr Firmen, Geschäfte, Influencer brauchen kreative Videos, ein Bedarf, der ständig wächst. Es gibt eine Vielzahl an möglichen Auftragsarbeiten: Werbespots, Imagefilme, Eventdokumentationen oder Musikvideos. Man kann sein Fachwissen in der Lehre bei Workshops und Seminaren an Schulen, Hochschulen oder Volkshochschulen einsetzen. Man kann seine Fähigkeiten in Schnitt, Kamera, Regie etc. als Dienstleistung projektweise für andere anbieten. Visuelles Know-how lässt sich zudem in angrenzenden Bereichen der Gestaltung monetarisieren. All dies hilft, die Durststrecke bis zum jeweils nächsten eigenen Filmprojekt zu überstehen.
Natürlich muss man dafür ein wenig umdenken, sollte die Fähigkeit entwickeln, sich selbst zu überwinden und eine gewisse Anpassungsfähigkeit mitzubringen. Nicht nur für Indie-Filmer ist es ein Marathon, seinen Träumen hinterher zu jagen. Wenn die eigene kreative Arbeit gerade unmöglich ist, ist es nicht verwerflich, wenn man seine Fähigkeiten nutzt, um sich damit den Lebensunterhalt zu sichern. Jede neue Erfahrung bringt einen weiter und man lernt ständig etwas dazu.