(Mein Haus / von Junji Sakamoto / Panorama / 10.02.2003)
Die jungen Brüder Itta und Nita leben schon in einem arg skurrilen japanischen Dorf: da gibt es die alte Dame mit ihren vielen Katzen, den Ziehharmonikaspieler, der aus einem Fellini-Film sein könnte, das chinesische Restaurant mit dem lausigen Essen, aber stets vollem Haus und meckernden Gästen, den prügelnden Rabauken, seine Opfer, die drei Gelegenheitsgangster, den witzigen und weisen alten Mann und viele mehr.
Itta und Nita müssen sich in dieser Welt alleine durchschlagen, bis eines Tages ihre Mutter zurückkehrt mit ihrer älteren Schwester Kanoko, allerdings nur um das Haus zu verkaufen und die drei dann alleine zurückzulassen. Kanoko verdient sich im "Pink Salon" ihr Geld, wo sie Männern orale Freuden beschert. Sie versucht damit sich und ihre Geschwister durchzubringen. Itta will aber auf eigenen Beinen stehen und lässt sich deshalb mit dem Rabauken Koichi ein, der ihn allerdings ausnutzt und ständig verprügelt. Einzig Nita scheint niemals seinen Optimismus zu verlieren, bis er am Schluss miterleben muss, wie sein Bruder Itta aus dem Dorf abhaut und seine Schwester ihn, gegen seinen Willen, zu seinem Großvater, und damit weg aus dem Dorf, schickt.
Der japanische Regisseur versteht es auf bemerkenswerte Weise die skurrile Welt dieses Dorfes auf die Leinwand zu bringen. Die Charaktere sind sehr glaubhaft dargestellt, obwohl der Film auf einem Zeichentrick-Manga basiert und sich auch stark in diesem Genre orientiert. Man drückt dem kleinen Nita buchstäblich die Daumen, dass er zusammen mit seinem Bruder und seiner Schwester die schwierigen Situationen meistert, zum Beispiel wenn Gangster hinter ihm und dem alten Mann her sind, und die zwei sich einfach totstellen und den Fluss hinuntertreiben lassen. Hervorzuheben ist außerdem die schauspielerische Leistung der beiden kleinen Jungen Yuma Yamoto (Itta) und Yuki Tanaka (Nita), die durch ihre direkte und freche Art für einige Lacher sorgen.
Lediglich die letzten 15 Minuten erlauben den Anlass echter Kritik. Hier wurde zu sehr versucht die Atmosphäre noch durch Traumsequenzen und überladen wirkende Musik aufzublähen. Dies wurde von einigen Zuschauern dann auch mit Blicken zur Uhr quittiert (mich eingeschlossen), und der Film hatte eindeutig an Spannung und Schwung verloren. Wachgerüttelt wurde man dann aber heftigst vom Soundtrack des Abspanns: ein klasse japanischer Punkrocksong !! Dieser steht allerdings im absoluten Kontrast zur Schlussstimmung des Films und wirkte daher eher kontraproduktiv. Letztendlich kann man sagen, der Film hätte auch 15 Minuten vorher (vor der Traumsequenz) enden können, und hätte dann nichts von seiner tollen Atmosphäre eingebüßt. Trotzdem absolut sehenswert!
Gesehen von Jochen Miksch
Gesehen von Daniel Vogelmann