The silly Age (La Edad de la Peseta)
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Pavel Giroud D 2006, 89 Min REGIE: Pavel Giroud
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Regie: Pavel Giroud
Havanna 1958: Samuel, ein zehnjähriger Junge, zieht mit seiner Mutter Alicia zu seiner Großmutter Violeta. Alicia hat gerade eine unglückliche Liebesaffäre hinter sich. Doch diese Heimkehr ist alles andere als die Rückkehr ins gemachte Nest. Violeta ist sehr egozentrisch und heisst die beiden nicht unbedingt willkommen. Ihrem Enkel Samuel listet sie in ihrer ersten Begegnung die Hausordnung auf. Auch später tut sie alles um ihn zu schikanieren.
Durch ein Missgeschick steht er plötzlich in ihrer Schuld, kann diese aber nicht begleichen. Sie zwingt ihn, ihr bei ihrer Portraitsmalerei zu helfen, womit sie Geld verdient. Langsam legen sie ihre gegenseitige Widerspändstigkeit ab. Das gemeinsame Arbeiten lässt sie sich ungewollt näher kommen. Es entwickelt sich eine Beziehung zwischen ihnen.
Derweil bändelt aber seine Mutter mit einem neuen Mann an, der mit ihr nach Amerika auswandern will. Samuels Beziehung zu seiner Großmutter findet ein jähes Ende.
Der Regisseur lässt uns Einblicke in die Welt eines Heranwachsenden nehmen. Für Samuel beginnt die Zeit der Rebellion gegen die Mutter. Sie distanzieren sich voneinander, bis hin zu seiner Ablehnung ihres neuen Partners. Gleichzeitig findet er in Violetas Tätigkeit ein Ausdruck seiner Gefühle. Er fühlt sich zum anderen Geschlecht hingezogen, erlernt das Küssen bei einem Mädchen nebenan und stellt einer Kundin seiner Großmutter - einer attraktiven, berühmten Schauspielerin – nach.
Es ist ein Film der kleinen Gesten. Feinfühlig werden die Annäherungen und Distanzierungen der Personen dargestellt. Samuels Schwierigkeiten sich zwischen den rivalisierenden Frauen einzuordnen wird eindrucksvoll belegt.
Es ist ein Film über die Hoffnungen und Sehnsüchte, die ein Kind bei Eintritt in die Pubertät entwickelt und die Verwirrung über die scheinbar wenig plausiblen Handlungen der Erwachsenen. Und tatsächlich sind auch die Handlungen der beiden erwachsenen Frauen auf den gleichen Bedürfnissen basierend. Man möchte meinen dass die Mutter mental irgendwo stehengeblieben ist und sich ähnlich unreif verhält wie ihr eigener Sohn.
Ein schöner Film, ohne grosse Effekte, gut erzählt, überzeugende Darsteller, stilvolles Ambiente, Momente mit Witz und Momente mit Tragik und die Möglichkeit seine Gedanken schweifen zu lassen, kurz: ein echtes Vergnügen.
Gesehen von Johannes von Alten

The Soul Keeper
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The Soul Keeper I, F, GB 2003, 89
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Regie: Roberto Faenzas
"Das Leben ist ein einziges Spiel"
Nichts kann diesem Film mehr schaden, als eine knapp formulierte inhaltliche Vorankündigung. So wird diese als Spielort eine Nervenheilanstalt nennen und dabei die Methoden Siegmund Freuds erwähnen, wodurch das Vorurteil evoziert wird, es handele sich hierbei um einen schwerlastiges, zur Depressivität neigendes Psychodrama. Folgt dann im weiteren Handlungsverlauf eine Liebesaffäre zwischen einem Arzt und einer Patientin drängt sich der Verdacht auf, der Film drohe in eine eindimensionale Romanze abzugleiten. Tatsächlich liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen und schafft auf diese Weise das Spannungsfeld für ein brillantes und zugleich spannendes Kino.
Als Teil der diesjährigen Italien-Tetralogie des Münchner Filmfestes greift Regisseur Roberto Faenza auf einen zufällig entdeckten Briefwechsel zwischen Siegmund Freud und Carl Gustav Jung, einem Nervenarzt aus Zürich, zurück. Im Zentrum dieser Briefe steht Sabina Spielrein, Tochter russischer Emigranten, die im Alter von 19 Jahren von ihren Eltern in der Züricher Psychartrie zurückgelassen wird. Allein der Sigmund Freud Schüler Carl Gustav Jung findet zu der Patientin Zugang und kann auf diese Weise ihren Heilungsprozess vorantreiben. Dabei entwickelt sich zwischen Arzt und Patientin eine sinnliche Liebesaffäre, die insbesondere den verheirateten Familienvater in einen Gewissenskonflikt bringt. Letzen Endes ist überliefert, dass Sabina Spielrein in Russland selbst als Psychoanalytikerin praktizierte und 1942 von den Nazis erschossen wurde.
Hierbei wird deutlich, dass die Fiktion partiell von der Realität überlagert wird, wenn auch nicht jedes Detail im einzelnen widergegeben werden kann. Dass Roberto Faenza diesen Anspruch für sich nicht erhebt, verdeutlichen die dramaturgischen Eingriffe in dessen Bearbeitung. So integriert er z.B. ein fiktives Tagebuch von Sabina Spielrein, das von einer Moskauer Studentin Jahrzehnte später durch Zufall entdeckt wird. Ihre Rezeption des Buches bildet die Erzählperspektive und lenkt zugleich die Sichtweise des Filmes. Unter diesem Blickwinkel scheut Roberto Faenza nicht den Mut zur Drastik und Hässlichkeit. Insbesondere die ersten Minuten illustrieren das Leben hinter den Mauern einer Psychartrie um die Jahrhundertwende bestehend aus Blut, Suizid, unverarbeiteten Traumata, Eintönigkeit, Isolation und physischer Knechtung. Erst die Psychoanalyse von Carl Gustav Jung, die verdrängte traumatische Erfahrungen zum Vorschein bringt, projiziert in den Film die Sensibilität für das Irrationale und Unterbewusste der menschlichen Psychologie.
Das Leben, so erklärt Sabina Spielrein, habe allein Traumata und Ängste hervorrufen. Sie ist von der Wirklichkeit vergessen worden, ein "fair play", wie es ihr Name fordert, ist dabei nicht zu erwarten. Es gehört dabei zu den Stärken von Roberto Faenzas Film, diese leitmotivischen Depressionen nicht als eine singuläre Charakterstudie zu zeichnen, sondern auch auf den Arzt zu übertragen. Auf diese Weise räumt Faenza mit dem Vorurteil auf, psychologische Probleme seien allein Geisteskranken zuzuschreiben. In diesem Sinne basiert die einsetzende Liebesaffäre auf dem gegenseitigen Eingeständnis persönlicher Schwächen und verwischt so die ursprünglichen Grenzen zwischen Arzt und Patient. Diese seelische Einheit in all ihren Facetten schafft eine intime Nähe fernab jeglicher Konvention und durchläuft so einen schmalen Grad zwischen eindimensionaler Romanze und tiefenpsychologischer Wirksamkeit.
Dass letzten Endes der Nervenarzt Carl Gustav Jung dieser Unmittelbarkeit nicht mehr standhält und in sein konventionelles Familienleben ohne Sabina Spielrein zurückkehrt, macht die Schwäche der menschlichen Natur am Ende umso deutlicher. Während Sabina Spielrein inzwischen in Moskau lebt, verbleibt Carl Gustav Jung in Zürich der Gefangene seiner selbst. Allein die transzendentale geistige Übereinkunft mit seiner ehemaligen Patientin bildet den letzten Fluchtpunkt des alternden Mannes, der begreifen muss, daß "ein Leben ohne Seele kein Leben ist."
Welche Gründe nun auch immer eine Rolle gespielten haben mögen, weshalb am Eröffnungstag der Münchner Filmfestspiele der Kinosaal nur zu einem Drittel gefüllt war, soll hier nicht diskutiert werden. Fakt ist, dass die internationale Produktion aus Italien, Frankreich und Großbritannien in Deutschland noch immer keinen Verleih gefunden hat und mit großer Wahrscheinlichkeit der hiesigen Öffentlichkeit entgehen wird. Vielleicht war es im Hinblick dieser mäßigen Rahmenbedingungen auch besser so, dass Roberto Faenza auf dem Weg zum Arri-Kino einen Schwächeanfall erlitt und dem Geschehen fern blieb.
Gesehen von Bogdan Büchner



