
Wir sprechen hier nicht über die etwas preiswerteren Marken auf dem hiesigen Markt wie beispielsweise Comica, Rollei, Hollyland Lark A1 oder auch Sarmonic, wir sprechen über extrem billige China-Ware. Wer nämlich auf den einschlägigen China-Plattformen Produkte direkt bestellt, kann theoretisch für wenige Euros komplette Funkstrecken beziehen. Doch taugen die was?
Man staunt immer wieder wenn man bei den Online Kaufhäusern hierzulande elektronisches Equipment kauft. Das ist oft schon erstaunlich günstig. Wer aber auf die Chinesischen Online-Versandhändler geht, findet optisch oft identische Produkte zu noch viel günstigeren Preisen. Was ist da los? Sind das die gleichen Produkte nur unter einem anderen Label? Kann eine Funkstrecke für 7 Euro (Sonderangebot) irgendetwas taugen? Wir wollten es genau wissen und haben eine solche Funkstrecke geordert, um zu testen, wie sie sich schlägt. Auf der im Übrigen englischen Bedienungsanleitung steht lediglich "Wireless Microphone". Wie nur heißt das Funkstreckenset? Während hierzulande auf jeder Haferflockenpackung ein Markenname steht, findet sich auf der Folienverpackung lediglich die Bezeichnung XinMic J6 Wireless Lavalier Microphone, Noise Cancel und als Hersteller "Shenzen xinma technology co. ltd.
Wo liegen die Fallstricke? Wie kann das so günstig sein? Muss man vielleicht sehr lange auf die Lieferung warten oder ist die Qualität unterirdisch? Nun der Versand lief vorbildlich: Zwischen der Bestellung und der Lieferung lagen gerade mal sechs Tage und geliefert wurde per DHL. Wie steht es also um die Qualität des Produktes? Nun man muss sich dabei verschiedene Parameter anschauen, klar ist, viele der Produkte die wir hierzulande unter einem bestimmten Label kaufen, werden in China ohne Label oder unter irgendwelchen hier nicht bekannten Namen vermakrtet.

Kurzcheck
Der kreisrunde Sender zum Anstecken wird einfach mit dem gelben Taster auf der Oberseite eingeschaltet während der Empfänger angeht, sobald er mit dem integrierten USB-C Stecker in ein Smartphone eingesteckt wurde. Und tatsächlich pairen sich bei ganz von allein und die Aufnahme kann losgehen. Geladen werden Sender und Empfänger in der mitgelieferten Box, die allerdings keine Powerbank-Funktion besitzt.
Sicherlich gibt es einige Unterschiede zu hochpreisigen kommerziellen Produkten, doch viele von diesen Billig-Funkstrecken erfüllen erstaunlich viele Anforderungen. Die meisten von ihnen sind tatsächlich für einfache Anwendungen (Dokumentarfilme, Indie-Kurzfilme, etc.) und in überschaubaren Aufnahmesituationen (geringe Distanz und wenige Störfaktoren) in der Lage, auch bei geringer Latenz (Laufzeitunterschiede zwischen Bild und Ton) durchaus brauchbare Qualität zu liefern. Besonderer Schwachpunkt sind natürlich die Manuals, die oft nur in Englisch oder manchmal sogar nur auf Chinesisch vorliegen. In unserem Fall aber liegt eine Englischsprachige Kurzanleitung bei.
Manche dieser Billig-Funkstrecken arbeiten mit Noise-Gates in lauten Umgebungen. Das ist ein akustischer An-Aus Schalter und der produziert hörbare Tonlöcher. Um diese zu vermeiden sollte man unbedingt synchron noch eine Atmo Aufnahme mitlaufen lassen, damit kann man die Lücken wieder etwas (natürlich nur mit deutlich leiserer Atmo) auffüllen. In unserem direkten Vergleich mit RØDEs Wireless Pro fällt vor allem auf, dass die RØDEs viel mehr Tiefen, also Bässe liefern und dass sie viel spitzer klingen, also die Höhen etwas überbetonen. Weiter unten findet ihr unser Vergleichsvideo und könnte Euch selbst einen Eindruck von den Klangunterschieden verschaffen. Was die Reichweite angeht, so tun sich beide Kontrahenten bis etwa 50 Meter Distanz gar nichts, beide liegen gleichauf. Von der Größe her ist der kleine Knopfsender angenehm klein, andererseits besitzt er keinen 3,5 mm EIngang, sodass man ihn nicht mit einem Lavaliermikrofon zusammen einsetzen kann. Bei Rode gar kein Thema, natürlich kann man da Ansteckmikrofone einstecken.
Grundsätzlich kann man feststellen, dass es natürlich Qualitäts,- und Klangunterschiede gibt, die RØDEs sind definitiv besser,- aber andererseits ist es kaum zu fassen, dass man für so wenig Geld eine immerhin auch funktionierende Funkstrecke aus China bekommen kann. Auch bei der Reichweite können die RØDEs größere Distanzen überbrücken. Funkstrecken haben vor 20 Jahren noch ca. 2000 bis 5000 Euro gekostet.

Worauf ist zu achten?
- Wichtig ist, dass die Funkstrecken im hierzulande erlaubten 5.8 GHz oder 2.4 GHz Netz arbeiten.
- Auf die angegebenen Entfernungen sollte man sich keinesfalls verlassen. Da werden 100 Meter und mehr genannt, sobald aber eine Mauer eine Glasccheibe oder auch nur ein menschlicher Körper die Sichtverbindung zwischen Sender und Empfänger unterbricht, reduziert sich diese Entfernung drastisch.
- Latenzzeiten- Viele der preiswerten Funkstrecken haben eine deutlich spürbare Latenzzeit, also eine Verzögerung der Tonübertragung gegenüber dem Bild. Bei live Übertragung oder direktem Ton - Monitoring, kann das stören. Muss man den Ton später ohnehin im Schnittsystem anlegen, kann man die Latenz natürlich wieder ausgleichen.
- Signalstabilität - Wie gut kann sich das Funksignal behaupten?
- Signalqualität - Wie gut sind die Mikrofone? Wie rauscharm die Vorverstärker? Taugt die Rauschunterdrückung etwas?
- Billige Systeme nutzen häufig stärkere Kompression, was die Tonqualität beeinträchtigen kann.
- Interferenzen: Die verwendeten Funkfrequenzen sind öffentlich,- also viele User können diese gleichzeitig nutzen was zu Störungen führen kann. (WiFi, andere Funkgeräte, Smart Home-Beleuchtung, andere Sender)
- Verarbeitungsqualität- Die verwendeten Materialien, die Anschlüsse (USB-C und Miniklinke), Stromversorgung – alles kann primitiver und weniger robust ausgeführt sein. Das kann bedeuten: Schlechte Kontakte, minderwertige Antennen, kein Schutzgehäuse gegen Feuchtigkeit oder Staub.
Mindestanforderungen
- Frequenzband (2.4 GHz, 5.8 GHz, UHF, COFDM etc.), je nach Umgebung (Gebäude, Outdoor, Sichtlinie).
- Maximale Latenz – Testberichte oder Spezifikationen prüfen (< 40 ms, ideal wären < 20-30 ms).
- Signalstärke & Antennenqualität
- Zertifikate – CE, FCC etc., vor allem für legale Nutzung.
Kurzfazit: Die billige Funkstrecke schlägt sich überraschend gut, allerdings gibt es deutliche Klangunterschiede, Ausstattungsunterschiede und auch bei der Reichweite. Wer nicht zwingend professionelle Klangqualität und die Möglichkeit, externe Lavaliers anzuschließen benötigt, kann mit einer solchen Funkstrecke durchaus arbeiten. Um die Klangunterschiede hören zu können, braucht es natürlich auch gute Abhörlautsprecher oder Kopfhörer. Dann wird einem recht deutlich klar: Für alle die höhere Qualität suchen, führt an den Funkstrecken der Platzhirschen wie DJI, Rode oder Sennheiser nichts vorbei.

